Wintershall stellt weitere Finanzierung für Nord Stream 2 ein

Wintershall stellt weitere Finanzierung für Nord Stream 2 ein

Das deutsche Öl- und Gasunternehmen Wintershall Dea wird Nord Stream 2 nicht mehr finanzieren. Das Unternehmen plante, bis zu 950 Millionen Euro zu investieren, hat jedoch bisher bei 730 Millionen Euro weitere Zahlungen auf Eis gelegt. Dies wurde im Rahmen von Diskussionen über neue Sanktionen gegen das Projekt in den USA angekündigt.

Im Unternehmensbericht für das Jahr 2020 von Wintershall Dea heißt es: „Die Teilnahme der Gruppe am Nord Stream 2-Projekt beschränkt sich auf die Bereitstellung von Darlehen zusammen mit vier anderen großen europäischen Energieunternehmen (Engie, OMV, Shell und Uniper). Die Zahlungen für das Darlehen für die Nord Stream 2 AG beliefen sich auf 730 Millionen Euro und wurden vor der Überarbeitung des Gesetzes zur Bekämpfung von Gegnern durch Sanktionen (CAATSA) abgeschlossen.“ Wintershall Dea fügte hinzu, dass „keine weiteren Zahlungen geplant sind“.

Wintershall glaubt, dass strengere US-Sanktionen den Zeitpunkt des Bauprojekts Nord Stream 2 beeinflussen werden, und sagt „einen aggressiven Ansatz gegenüber den Projektbetreibern“ voraus.

Bereits Ende November letzten Jahres informierten eine Reihe europäischer Investoren über einen Stopp der weiteren Finanzierung des Nord Stream 2-Projekts, darunter Wintershall. Alle Projektpartner von Gazprom hatten sich verpflichtet, eine langfristige Finanzierung in Höhe von 50 Prozent der gesamten Projektkosten bereitzustellen, die auf 9,5 Milliarden geschätzt werden. Jedes Unternehmen musste bis zu 950 Millionen Euro bereitstellen.

Am Montag bestätigten russische Nachrichtenagenturen, dass nach der Schweizer Zurich Insurance Group und der Axa Group mit Sitz in Paris auch der zur Münchener Rück gehörenden Versicherer Munich Re Syndicate Limited seine Mitarbeit an Nord Stream 2 beendet hat.

Gestern berichtete der NDR, dass sich die Robert Krebs GmbH wegen drohender US-Sanktionen aus dem Pipelineprojekt Nord Stream 2 zurückzieht. Die Hamburger Firma hatte unter anderem die russischen Verlegeschiffe Fortuna und Akademik Tscherski aus- und umgerüstet und den Schiffsverkehr rund um die Pipeline-Baustelle überwacht.

Die Krebs GmbH war Dienstleister und Vermittler für andere Firmen. Im Vertrag mit dem russischen Betreiber der Fortuna ist auch die Commerzbank genannt. Vor allem Kreditinstitute fühlen sich durch die US-Sanktionen bedroht. Für Michael Harms vom Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft ist das keine Überraschung: „Banken sind eher bereit auf lukrative Geschäfte zu verzichten als wissentlich amerikanische Sanktionen zu verletzten.“ Das gilt auch für Versicherer, die Technik, Personal und Einsätze versichern.

Nach dem Ausscheiden des Offshore-Spezialisten Krebs will eine neu gegründete Firma von Rostock aus den Pipelinebau betreuen. Dabei geht es um den Umschlag von Versorgungsgütern und Baumaterial sowie um die Ausrüstung von Schiffen.

Solange die US-Regierung noch keine Sanktionsliste mit europäischen oder deutschen Firmen veröffentlicht, gehen die Verlegearbeiten weiter. Ziel des Nord-Stream-Konsortiums ist es, noch in diesem Jahr beide Stränge der Gasleitung durch die Ostsee fertigzustellen. Bis Ende sollen die Arbeiten in dänischen Gewässern abgeschlossen, die in deutschen Gewässern im Juni.

Die Nord Stream 2 AG möchte die Arbeit ohne weitere Verzögerungen abschließen, muss jedoch an zwei Fronten kämpfen: Gegen die US-Sanktionen und Klagen von Naturschützern. Nord Stream 2 hat erst kürzlich einen Antrag auf sofortigen Vollzug der Baugenehmigung in deutschen Gewässern gestellt. Grund ist ein Widerspruch der Deutschen Umwelthilfe und des Naturschutzbundes Deutschland.

Die DUH hatte gegen die Genehmigung der Verlegung durch das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) Widerspruch eingelegt. Am Freitag reichte die DUH die Begründung ein und führt darin zahlreiche formale Mängel des Verfahrens an. So habe es keine ausreichende Umweltverträglichkeitsprüfung gegeben. Die DUH beklagt das „offenbar brüderliche Verhältnis zwischen Nord Stream 2 und dem BSH“.

Der für das Verfahren beim BSH zuständige Sprecher, sagte der Berliner Zeitung: „Über den Antrag auf sofortige Vollziehung müssen wir derzeit nicht entscheiden. Diese Entscheidung steht erst an, wenn Nord Stream 2 mit den Verlegearbeiten in deutschen Gewässern beginnen will. Dann werden wir den Antrag prüfen.“ Unabhängig davon werde das BSH aber in jedem Fall die Widerspruchsbegründungen von DUH und NABU „sehr sorgfältig prüfen“.

Die Genehmigung sei aktuell außer Kraft, nachdem Umweltverbände Widerspruch dagegen eingelegt hätten. Damit ist der Weiterbau von Nord Stream 2 in deutschen Gewässern unzulässig. Der Widerspruch der Umweltschützer hat trotz des Antrages der Betreiber auf Sofortvollzug aufschiebende Wirkung. Ohne die Genehmigung müsste sich Nord Stream 2 bis Ende Mai gedulden, bevor es in deutschen Gewässern wieder verlegen dürfe.

Der Geschäftsführer der DUH, Sascha Müller-Kraenner, will den Kampf gegen Nord Stream 2 jedenfalls weiterführen. Er sagte in einer Mitteilung: „Unser Widerspruch hat weiterhin aufschiebende Wirkung gegen den Weiterbau der Nord Stream 2 Pipeline, unabhängig vom neu aufgetauchten Antrag der Betreibergesellschaft. Bauarbeiten an der Gaspipeline in deutschen Gewässern sind unzulässig. Es ist eine rechtliche Zumutung, dass aus dem Nichts dieser Antrag auf Sofortvollzug auftaucht. Laut interner Unterlagen des BSH, die der DUH vorliegen, wurde der Antrag von der Nord Stream 2 AG offenbar schon im Dezember gestellt. Uns als Verfahrenspartei wurde der Antrag jedoch nicht zugestellt und wird nun erst zwei Monate später und auf unseren Druck öffentlich gemacht. Ein transparentes Genehmigungsverfahren sieht anders aus. Die jüngste Genehmigung des BSH ist darüber hinaus rechtswidrig: Sie greift auf veraltete Daten zurück und lässt die Prüfung zur Klimaverträglichkeit völlig aus. Wir verlangen ein mindestens einjähriges Moratorium, um die Auswirkungen dieses fossilen Großprojektes auf das globale Klima und den Meeresnaturschutz umfassend zu prüfen. Weitere rechtliche Schritte behalten wir uns vor.“

Mit der Inbetriebnahme von Nord Stream 2 wird in Fachkreisen daher nicht vor 2022 gerechnet. Danach soll sie jährlich rund 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas für den europäischen Markt liefern. Die neue Ostsee-Pipeline wird zu 50 Prozent von dem russischen Staatskonzern Gazprom finanziert, die andere Hälfte teilen sich die europäischen Unternehmen Uniper und Wintershall Dea (beide aus Deutschland, Engie (Frankreich), Royal Dutch Shell (britisch-niederländisch) sowie OMV (Österreich).

[hrsg/russland.NEWS]

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