Erst jetzt wurde bekannt, wie der OPEC-Gipfel im Dezember in Wien ablief. Die Situation vor vier Monaten war sehr angespannt: Die Ölpreise brachen ein. Der Iran, Venezuela und Libyen weigerten sich, die Produktion zu drosseln und Katar verließ die Organisation. Hinzu kam der Druck von Präsident Trump, der forderte, dass Riad die Ölpreise nicht erhöht.
Die folgende der Öffentlichkeit bisher unbekannte Episode erzählt von den Leidenschaften auf dem OPEC-Gipfel im Dezember. Als der saudi-arabische Energieminister Khalid al-Falih seinen iranischen Amtskollegen Bijan Zanganeh aufforderte, sich dem Abkommen zur Einschränkung der Ölförderung anzuschließen, lehnte er dies ab und beschuldigte seine Nachbarn am Persischen Golf, iranisches Öl, das Washington für illegal erklärt hatte, durch ihr eigenes Öl zu ersetzen.
Zanganeh zeigte mit dem Finger auf den Energieminister der Vereingten Arabischen Emirate, Suheil al-Mazrui, der das Treffen leitete, sagte: „Du bist der Feind meines Landes!“ und drohte, die Mitgliedschaft des Iran in der OPEC auszusetzen. Es war geplant, dass sich die OPEC-Mitglieder bis zum Abend einigen und am nächsten Tag mit Russland und anderen Erdöl produzierenden Ländern außerhalb des Kartells zusammentreffen würden. An diesem Tag wurde jedoch kein Kompromiss gefunden.
Die Situation schien hoffnungslos. Die Rettung kam von dort, wo sie nicht erwartet wurde. Der russische Energieminister Alexander Novak, der ebenfalls in Wien war, flog nach Hause, um neue Anweisungen einzuholen. Am Tag zuvor hatte er ein hartes Gespräch mit Falih, der darauf bestand, dass die Saudi-Arabien (KSA) und Russland die Produktion um den gleichen Betrag reduzieren. Novak stimmte nur zu, halb so viel wie Riad zu reduzieren.
In St. Petersburg erhielt Novak die Zustimmung des russischen Präsidenten zu einer stärkeren Reduzierung der Ölproduktion durch Russland als bisher vereinbart. Er wurde beauftragt, nach Wien zurückzukehren und den Gipfel zu retten.
Bei einem Treffen mit Khalid al-Falikh stimmte Novak zu, die Produktion um den gleichen Betrag wie Saudi-Arabien zu reduzieren. Als Gegenleistung für ein Versprechen, den Iran in Ruhe zu lassen und von ihm keine Reduzierung der Produktion zu verlangen. Der arabische Minister kehrte gut gelaunt in den Sitzungssaal zurück: Der Gipfel und vielleicht auch das ganze Ölkartell selbst war gerettet.
Das Wall Street Journal (WSJ) bezeichnet den Wiener Gipfel Ende 2018 als Wendepunkt, nach dem Russland, das bisher nicht mit dem Ölkartell zusammengearbeitet hatte, zu seinem unverzichtbaren Partner wurde. Diese Entscheidung ermöglichte es Moskau, sein Ansehen auf dem fast zwei Billionen Dollar schweren Ölmarkt zu erhöhen und seinen Einfluss im Nahen Osten zu festigen.
„Russland ist inzwischen OPEC-Therapeut“, sagt Helima Croft, Chefökonomin bei RBC Capital Markets. Khalid al-Falih scherzte kürzlich, dass er sich in letzter Zeit öfter mit Alexander Novak getroffen habe als mit einigen Kollegen in der arabischen Regierung. Letztes Jahr zum Beispiel trafen sie sich zwölf Mal!
Auf dem OPEC-Gipfel im Mai werden Falih und Novak höchstwahrscheinlich die bilateralen Beziehungen diskutieren und entscheiden, ob sie aus dem vorläufigen Abkommen einen Vertragsentwurf formulieren wollen.
Die Allianz zwischen Russland und der OPEC begann vor mehr als zwei Jahren mit der Ernennung von drei neuen Nachfolgern in wichtigen Positionen. Der saudische Kronprinz Mohammed ist stärker in die Energiepolitik des Königreichs eingebunden. Im Sommer 2016 ersetzte er Energieminister Ali al-Naimi durch Falih.
In Moskau übernahm Novak im Auftrag von Präsident Putin die Ölstrategie auf internationaler Ebene, und der neue Generalsekretär Mohammed Barkindo wurde zum Verhandlungsführer der OPEC. Ende des Jahres einigten sich die OPEC und Russland auf eine Reduzierung der Produktion des „schwarzen Goldes“.
Die Reduzierung im vergangenen Jahr war die zweite. Der Drosselung begann im Januar.
Die OPEC begann selten so erfolgreich ein Jahr – der Ölpreis stieg in drei Monaten um 30 Prozent. Saudi-Arabien hat die Produktion noch stärker reduziert, als es im Rahmen des Abkommens sollte, aber Russland liegt immer noch hinter dem Zeitplan zurück: Der Rückgang der Produktion betrug 130.000 Barrel pro Tag anstelle der geplanten 230.000 Barrel. Riad erhebt keine Ansprüche gegenüber Moskau. Die Erklärung für diese Geduld ist einfach: Arabien braucht die Unterstützung Russlands auf der internationalen Bühne. Laut einem hochrangigen Beamten des Energieministeriums der KSA, auf den sich das WSJ bezieht, kann es sich das saudi-arabische Königreich nicht leisten, die Unterstützung Moskaus zu „verlieren“.
[hub/russland.NEWS]
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