„Ungeachtet der schwierigen Rahmenbedingungen großes Interesse am russischen Markt“ – die jährliche Russland-Wirtschaftskonferenz in DüsseldorfBotschafter Dr. Géza Andreas von Geyr und Matthias Schepp, Vorstandsvorsitzender der Deutsch-Russischen AHK

„Ungeachtet der schwierigen Rahmenbedingungen großes Interesse am russischen Markt“ – die jährliche Russland-Wirtschaftskonferenz in Düsseldorf

Die jährliche Russland-Konferenz der IHK Düsseldorf, die dieses Jahr im digitalen Format stattgefunden hat, lief unter dem Motto „Neue Zeiten in den deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen“. Zum ersten Mal nahmen sowohl der russische Botschafter in der Bundesrepublik als auch der deutsche Botschafter in Russland an der Konferenz teil.

Matthias Platzeck, Ministerpräsident a.D. und vorsitzender Vorstand des Deutsch-Russisches Forums sprach in seiner Keynote über das Verhältnis zum „großen Nachbarn“ und erinnerte an die Worte von Egon Bahr: „Ohne oder gar gegen Russland, unseren größten europäischen Nachbarn, gibt es keine dauerhafte Sicherheit in Europa“. Er halte das für komplett falsch, Russland „links liegen lassen“ oder sogar mit erhobenem Finger ermahnen. „Es wäre fatal, wenn wir Russland langsam Richtung China gehen lassen“, so Platzeck. Man solle vor allem eine Fehleranalyse vornehmen. Sanktionen halte er für falsch. Nach sechs Jahren muss man feststellen, dass sie ihre Ziele nicht erreicht haben.

Der Minister für Wirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen Andreas Pinkwart sprach darüber, dass Russland ein wichtiger Partner bei der Energieversorgung ist und dass NRW zu Nord Stream 2 steht. Hier gibt es allerdings Nachholbedarf in Sachen Vertrauen.

Matthias Schepp, Vorstandsvorsitzender der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer berichtete über den interessanten aber auch kontinuierlichen Trend, der bei deutschen Unternehmen in Russland zu beobachten ist. Bei der Umfrage unter den Mitgliedern der AHK in Russland im Dezember 2020 haben nur zwei Prozent ausgesagt, sie gehen davon aus, dass es ihnen im Jahre 2021 „sehr schlecht“ gehen wird.  89 Prozent sind jedoch zu positiven Urteilen gekommen. Ein Drittel will sogar neue Mitarbeiter einstellen. Dr. Géza Andreas von Geyr, deutscher Botschafter in Russland, stimmte zu, dass die Stimmung positiv sei.

Bei der anschließenden Diskussion „Energiewirtschaft – auf dem Weg zur „Green Economy“? ging es über Wasserstoff und seine Rolle bei der Energiewende. Wasserstoff solle man immer in Zusammenhang mit Exportmärkten sehen, so Torsten Murin, Geschäftsführer von Wintershall Dea Russia. Dr. Schristoph Schäfers, bei Uniper zuständig für Governmental Relations, wies darauf hin, dass Wasserstoff sehr wichtig und ein Importbedarf bestehen wird. Russland verfügt über ein enormes Potenzial an blauem Wasserstoff, was Chancen für russische und deutschen Unternehmen ergibt. Die Diskussionsteilnehmer waren auch der Meinung, dass die russische Energiewirtschaft durchaus auf dem Weg zur Green Economy ist. „Russische Unternehmen sind den neuen Technologien gegenüber sehr aufgeschlossen“, so Prof. Dr. Manfred Esser, Geschäftsführer von GET Information Technology. Hier liegen auch Chancen für deutsche Firmen.

Unter dem Motto „Auf der Suche nach dem Einhorn“ lief die anschließende Diskussionsrunde über die russischen Start-ups. Auch die Gesundheitswirtschaft war einer der Schwerpunkte der Konferenz.

Felix Neugart, Geschäftsführer bei NRW.Global Business, gab einen Ausblick auf die Russlandaktivitäten des Landes Nordrhein-Westfalen. 30 Prozent der deutschen Unternehmen in Russland kommen aus NRW. Auf der anderen Seite gibt es 250 Firmen mit russischem Kapital in NRW. „Hier beobachten wir einen Aufwärtstrend“. Russland lag im Jahre 2019 unter den Top Ten der wichtigsten Investoren des Bundeslandes. Start-ups, neue Energien und Technologien werden Hauptthemen bei der Zusammenarbeit zwischen NRW und Russland.

Prof. Dr. Lisandra Flach, Leiterin des ifo Zentrums für Außenwirtschaft berichtete in ihrem Vortrag „Russlandgeschäft – Blick auf 2021 und darüber hinaus“ über die Studie, die die Folgen der Sanktion analysierte. Im Moment werden zwei Prozent des deutschen Handels mit Russland abgewickelt. „Die Strafe trifft manchmal auch den Strafenden“, so Professor Flach. So würde mit der Abschaffung der Sanktionen auch das BIP Deutschlands steigen, und zwar um 0,18 Prozent. Russland würde allerdings natürlich am meisten von der Aufhebung der Sanktionen profitieren.

[Daria Boll-Palievskaya/russland.NEWS]

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