S&P Global Platts: Russland gewinnt LNG-Preiskrieg gegen die USA

S&P Global Platts: Russland gewinnt LNG-Preiskrieg gegen die USA

„Russisches LNG wird in Europa zu einem der weltweit niedrigsten Preise für Flüssigerdgas verkauft“, sagte Samer Mosis, leitender LNG-Analyst bei S&P Global Platts beim Londoner Öl- und Energieforum. „Es kostet in Europa weniger als zwei US-Dollar“ pro Million britischer thermischer Einheiten (BTU). Diese niedrigen Preise machten Russland im vergangenen Jahr zur Nummer Zwei unter Flüssiggaslieferanten nach Europa. Moskau hat Nigeria und andere große LNG-Lieferanten, einschließlich Algerien, überholt. “

Russland lieferte 2019 sechzehn Millionen Tonnen Flüssiggas nach Europa, gut sieben Millionen Tonnen mehr als im vergangenen Jahr. Russland ist Katar unterlegen, das laut S&P Global Platts im vergangenen Jahr 21 Millionen Tonnen Flüssiggas in die Alte Welt geliefert hat, konnte aber die USA mit zwölf Millionen Tonnen auf den dritten Platz verdrängen.

Mosis wies auch auf das große Potenzial Russlands auf dem Flüssiggasmarkt hin, da das größte russische private Energieunternehmen Nowatek ganz am Anfang des riesigen Arktis-Projekts Jamal LNG steht. Er erinnerte die Teilnehmer des Forums an die neue elektronische Verkaufsplattform (ESP) von Gazprom, die sich auf dem Markt erfolgreich etabliert hat, da sie die Flexibilität bei Spot-Verkäufen deutlich erhöht hat.

Was das Ende 2019 erneuerte Gastransitabkommen zwischen Russland und der Ukraine betrifft, wird Moskau in der Lage sein, Gas zu einem Preis von 250 Dollar pro tausend Kubikmeter nach Nordwesteuropa zu liefern. Dieser Preis liegt in jeder Hinsicht und in allen Berechnungen unter dem für amerikanisches Flüssiggas.

Das Überangebot an LNG in Europa, das für 2020 bis 21 erwartet wird, könnte die Moskauer Gasstrategie ebenfalls stärken. Die anhaltend niedrigen Gaspreise würde letztendlich die latente Nachfrage durch die Umstellung der Kohleverbrennung auslösen, sagt Desmond Wong von der Zeitschrift European and Atlantic Basin LNG.

Wong ist der Ansicht, dass sich die Politiker zwar sehr stark in die russischen Gaslieferungen nach Europa einmischen, aber die niedrigen russischen Gaspreise oft schwerer wiegen als die Politiker und ihre Argumente, wenn es darum geht, die Europäer davon zu überzeugen, von billigem russischen auf teures amerikanisches Gas umzusteigen. „Es gibt immer wieder politisch motivierte Stimmen in Brüssel, die uns auffordern, mehr amerikanisches LNG zu kaufen“, erklärt Wong, aber Versorger, Investoren und Händler werden sagen, dass wir „aus wirtschaftlichen für unsere Kunden billigeres Gas wählen.“

Während sich die Ölpreise in den letzten Tagen nach dem durch das Coronavirus verursachten Zusammenbruch etwas stabilisiert haben, ist die Situation bei Erdgas wesentlich schlechter. Auf dem Höhepunkt des Winters, wenn die Nachfrage nach blauem Kraftstoff besonders hoch sein sollte, fiel der Preis in den USA unter zwei Dollar pro Million BTU. Einen so niedrigen Preis hat es seit 2016 nicht mehr gegeben.

In Europa sieht es für Gasverkäufer noch schlimmer aus: Dort ist der Brennstoffpreis kürzlich auf drei Dollar pro Million Einheiten gesunken, also auf das Niveau von September 2009. Die Situation in Asien ist nicht besser. Schon vor Beginn der Coronavirus-Epidemie waren die Spotpreise für LNG fürchterlich. Jetzt sind sie noch weiter gesunken – unter drei Dollar, der niedrigste Stand seit einem Jahrzehnt.

Die global verteilte Gasindustrie hat es schwieriger als die Ölindustrie, weil sie keine eigene OPEC hat, die die Gaspreise stabilisieren könnte.  Analysten gehen davon aus, dass der globale Gasmarkt noch mindestens noch zwei Jahre und möglicherweise noch länger unter starkem Druck durch überschüssiges Gas stehen wird und möglicherweise länger, da in naher Zukunft neue LNG-Anlagen in den USA, Russland, Katar und Ostafrika in Betrieb genommen werden.

Gleichzeitig schmälern die niedrigen Gaspreise die Gewinne der Ölgesellschaften erheblich. Dies macht sich insbesondere in den USA bemerkbar, wo die Schieferölförderung mit großen Mengen an Begleitgas einhergeht. Der Preis für dieses Gas liegt derzeit bei fast null. Für die Schiefergasproduzenten ist es profitabler, das Begleitgas zu verbrennen, als es zu so niedrigen Preisen wie jetzt zu verkaufen.

Experten zufolge wird die Gasproduktion in den USA in diesem Jahr zum ersten Mal seit Beginn der Schiefergasrevolution 2010/11 zurückgehen. So prognostiziert die Energy Information Administration (EIA) des US-Energieministeriums bis Ende 2020 eine durchschnittliche Gasproduktion von 2,67 Milliarden Kubikmetern pro Tag. Im vierten Quartal 2019 belief sich das Volumen auf fast 2,7 Milliarden Kubikmeter.

Amerikanische Gasproduzenten, insbesondere LNG-Produzenten, kommen dem Forbes-Magazin zufolge nicht ohne staatliche Unterstützung aus. Das Weiße Haus versucht, diesem Energie-Sektor zu helfen. Kürzlich wurde die Firma International Development Finance Corp. (DFC) gegründet, die den Markt für amerikanisches Flüssigerdgas in Ost- und Mitteleuropa ausbauen soll. Das Projekt erhielt von der Regierung für diese Aufgabe eine Milliarde Dollar.

Die Gasproduzenten haben es derzeit sehr schwer. Auf der anderen Seite glaubt Forbes, dass sich die niedrigen Gaspreise langfristig auf die Nachfrage positiv auswirken.

[hrsg/russland.NEWS]

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