Schuldenkrise und Kreditblase erreichen den Kreml

Schuldenkrise und Kreditblase erreichen den Kreml

Das Problem säumiger Schuldner und hoher Kreditschulden ist nun Chefsache. Bei einem Treffen mit dem Direktor des Föderalen Gerichtsvollzieherdienstes (FSSP), Dmitri Aristow, erklärte der russische Präsident Wladimir Putin, dass Situationen, in denen Bürger kein Geld haben, um ihre Schulden zu bezahlen, ein Problem des Staates sind. Der Präsident betonte die Notwendigkeit, den Wohlstand der Menschen zu verbessern, damit sie nicht in solche Situationen geraten.

Im Verlauf des Arbeitstreffens informierte der oberste Gerichtsvollzieher das Staatsoberhaupt über den Anstieg der Kreditschulden, darunter auch jener, die dem Dienst zur Vollstreckung vorgelegt wurden. Laut Dmitri Aristow prüft der FSSP derzeit 12,7 Millionen Fälle im Wert von 2 Billionen Rubel, derzeit 19 Milliarden Euro. „Das ist sehr viel“, betonte Aristow. Nach Angaben der Zentralbank hat die Schuldenlast der Russen einen Rekordwert erreicht – das gesamte Kreditportfolio übersteigt 30 Billionen Rubel, etwa 280 Milliarden Euro.

Nach jüngsten Daten der Zentralbank erreichte das Volumen der Kredite, für die seit mindestens drei Monaten keine Zahlungen mehr eingegangen sind, am 1. Juli dieses Jahres 1,2 Billionen Rubel, derzeit 11,6 Milliarden Euro. Das ist der Betrag, den die Kreditinstitute noch nicht gerichtlich eintreiben konnten.

Nach Angaben des FSSP ist die Zahl der säumigen Zahler von Bankkrediten im ersten Halbjahr auf 17,7 Millionen gestiegen, ein Viertel oder 3,3 Millionen mehr als im Vorjahr (14,4 Millionen). Zu Beginn des Pandemiejahres 2020 waren es mit 9 Millionen fast halb so viele. Von den säumigen Schuldnern sollen insgesamt 24 Milliarden Euro eingetrieben werden, gegenüber 23 Milliarden Euro ein Jahr zuvor. Die meisten Schuldner gibt es in den Gebieten Baschkortostan, Krasnodar und Krasnojarsk sowie in den Regionen Moskau, Swerdlowsk und Tscheljabinsk.

Laut Aristow handelt es sich bei den Schuldnern im Durchschnitt um Russen im Alter von 30 bis 45 Jahren. Einige haben nur einen Kredit, während 20 Prozent fünf Kredite gleichzeitig bedienen müssen. Die durchschnittliche Schuldensumme beträgt 1.640 Euro pro Vollstreckungsverfahren. „Diese Kategorie von Schuldnern arbeitet nicht, hat keine offizielle Einkommensquelle und besitzt nur seine Wohnung, die nach der Zivilprozessordnung nicht gepfändet werden kann. Es gibt praktisch nichts, was man diesen Menschen wegnehmen könnte. Trotzdem versuchen wir es“, so Aristow.

Putin wollte wissen, wie die oben genannte Kategorie von Bürgern in die Verschuldung geraten sei. „Wir sind dabei, die Situation zu analysieren. Viele von ihnen sind nicht nur Schuldner von Krediten, sondern auch bei Zahlungen für Wohnraum und Versorgungsleistungen sowie im Kraftstoff- und Energiesektor im Verzug“, erklärte der FSSP-Direktor.

Präsident Putin wies darauf hin, dass es das Problem des Staates sei, wenn Bürger kein Geld hätten, um ihre Schulden zu bezahlen. „Das Lohnniveau sollte steigen und der Wohlstand der Menschen im Allgemeinen. Die Situation auf dem Arbeitsmarkt ist jetzt stabil, aber wir sollten immer daran denken“, schloss Putin.

Die Situation der Zahlungsfähigkeit der Bevölkerung in Russland ist nach Ansicht von Experten zwiespältig. Einerseits ist die Verschuldung geringer als in entwickelten Volkswirtschaften üblich. Andererseits gibt die Bevölkerung relativ viel Geld für lebensnotwendige Güter aus. Aus diesem Grund führe ein Einkommensrückgang oder ein inflationsbedingter Anstieg der Ausgaben relativ schnell zur Gefahr einer verminderten Zahlungsfähigkeit.

[hrsg/russland.NEWS]

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