Der russische Wirtschaftsminister Maxim Reschetnikow hat die niedrige Arbeitslosigkeit als anormal bezeichnet. Sie bremse die Wirtschaft des Landes, deren Hauptproblem heute der Mangel an Arbeitskräften sei. Nach Angaben von Rosstat erreichte die Arbeitslosenquote im Juli erneut ein Rekordtief von 3 Prozent.
„Das Hauptproblem sind die Humanressourcen. Das spiegelt sich auch in der extrem niedrigen Arbeitslosenquote wider: 3 Prozent sind für uns immer noch ungewöhnlich. Das ist definitiv eine Bremse für die wirtschaftliche Entwicklung, kein Pluspunkt. Das spiegelt sich auch im überproportionalen Lohnwachstum wider“, sagte Maxim Reschetnikow in der Plenarsitzung des Forums für soziale Innovationen der Regionen.
Der Minister merkte an, dass ein solcher Indikator nicht schlecht wäre, wenn es in Russland keinen Mangel an Arbeitskräften und Fachkräften gäbe. „Es ist schwer zu leugnen, dass das Humankapital, die Ressource Mensch, zur knappsten Ressource in der Wirtschaft geworden ist. Nicht die Investitionen, nicht die Finanzen, nicht einmal die Technologien, mit denen man nur schwer umgehen kann“, meint Maxim Reschetnikow. Das Problem des Personalmangels bestehe sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht.
Um das Problem des Personalmangels zu lösen, schlug der Minister vor, das nationale Projekt zur Steigerung der Arbeitsproduktivität auszuweiten und Migranten aktiver in die Wirtschaft einzubinden. „Wir müssen das Problem der Migration lösen. Wir befinden uns im eurasischen Wirtschaftsraum, wir haben einen offenen Arbeitsmarkt. Und natürlich zeigen die Herausforderungen der letzten eineinhalb Jahre, dass es eine große Abwanderung gibt“, so der Minister.
Maxim Reschetnikow wies darauf hin, dass Zentralasien eine aktiv wachsende Region sei, in der es viele Arbeitskräfte gebe. Russland konkurriere mit China, Südostasien und anderen Ländern um die Arbeitskräfte Zentralasiens: „Wir investieren jetzt aktiv in russische Schulen in dieser Region. Aber all dies sollte in eine bewusste Politik umgesetzt werden, um die besten Talente aus den Nachbarländern hier zu halten, denn diese Arbeitskräfte sind effizient und die Wirtschaft braucht sie.“
Nach Angaben der Bank von Russland ist das Arbeitskräfteangebot in der Branche seit Anfang 2023 auf dem niedrigsten Stand seit 25 Jahren. Laut Rostrud gab es Anfang August 1,9 Millionen offene Stellen auf dem Portal „Arbeiten in Russland“, die aber nur sehr langsam besetzt würden.
Dementsprechend steigert sich die geschäftliche Nachfrage nach der Arbeitskraft von Häftlingen. Wie die Zeitung Wedomosti auf Anfrage aus dem Pressebüro des Föderalen Dienstes für den Strafvollzug (FSIN) erfuhr, sind derzeit 26.000 zu Zwangsarbeit verurteilte Sträflinge in 1.700 Organisationen beschäftigt. Im Jahr 2022 lag ihre Zahl bei etwa 9.300 Personen.
Damit habe sich die Praxis, diese Personen zur Zwangsarbeit heranzuziehen, zu einem „wirksamen Mittel zur Beseitigung des Arbeitskräftemangels erwiesen“, so die Gefängnisbehörde. Es gäbe keine Probleme mit der Beschäftigung von Sträflingen, deren Arbeitskraft bei den Arbeitgebern gefragt sei. Ihre Effizienz liege um ein Viertel über dem Durchschnitt, die Fehlzeiten seien um 17 Prozent und die Fluktuation um 9 Prozent zurückgegangen. Die Unternehmensind mit den Mitarbeitern hinter Gittern sehr zufrieden. Wie eine Umfrage des staatlichen Meinungsforschungsinstituts VTsIOM ergab, unterstützen 71 Prozent der Russen die Idee, Sträflinge in die Arbeit einzubeziehen.
Im März 2023 hatte FSIN berichtete, dass bis zum 1. Januar 2023 in 367 Justizvollzugsanstalten mehr als 40.000 Sträflinge zur Vollstreckung einer alternativen Strafe in Form von Zwangsarbeit untergebracht werden konnten. Bis 2024 ist geplant, die Zahl der Plätze für die Verbüßung von Strafen in Form von Zwangsarbeit auf 80.000 zu erhöhen. Mit Stand vom Januar 2023 saßen insgesamt 433.006 Menschen in russischen Gefängnissen.
[hrsg/russland.NEWS]
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