QR-Code: Rettungsmaßnahme oder Verletzung der Bürgerrechte?Dr. Tatiana Vukolova

QR-Code: Rettungsmaßnahme oder Verletzung der Bürgerrechte?

Im Zusammenhang mit dem drastischen Anstieg der Corona-Neuinfektionen hat die Moskauer Regierung einen Beschluss gefasst, nur Gäste mit einem QR-Code über die Impfung in Cafés, Restaurants und zu Massenveranstaltungen zuzulassen. Inwiefern ist dieser Erlass gesetzkonform? Eine Juristin klärt auf.

Die QR-Codes können nur jene Personen erhalten, die geimpft wurden, die die Corona-Infektion durchgemacht haben und deren Krankheit offiziell im Einheitlichen Medizinischen Informationssystem registriert wurde, und die einen negativen PCR-Test nicht älter als 72 Stunden vor dem geplanten Besuch der Veranstaltung erhalten haben.

In den russischen sozialen Netzwerken haben diese Neuerungen unterschiedliche Reaktionen von Zustimmung bis große Unzufriedenheit ausgelöst. Außerdem hat die Einführung des Systems der QR-Codes zu einer heftigen Reaktion in der juristischen Expertengemeinschaft geführt.

Gemäß Zivilgesetzbuch kann eine beliebige Person Restaurants, Bars und Cafés besuchen, und dieses Recht darf nicht eingeschränkt werden. Im Grunde genommen verändert die Einführung der QR-Codes diese Rechtnorm und gestattet es nur bestimmten Bürgern, solche öffentlichen Verträge abzuschließen. Jedoch liegt im Zivilgesetzbuch ein Artikel vor, der festlegt, dass zivilrechtliche Rechte auf Grundlage eines föderalen Gesetzes nur insoweit eingeschränkt werden können, als es für die Zwecke des Schutzes der Grundlagen der verfassungsmäßigen Ordnung, der Sitten, der Gesundheit, der Rechte und rechtmäßigen Interessen anderer Personen sowie für die Gewährleistung der Verteidigung und der Sicherheit des Staates erforderlich ist. Außerdem reguliert das Gesetz „Über das sanitär-epidemiologische Wohlergehen der Bevölkerung“ die Einführung und die Aufhebung von Einschränkungsmaßnahmen (Quarantäne) auf dem Gebiet des Subjekts der Russischen Föderation auf Grundlage der Vorschläge von staatlichen Obersanitärärzten.

Ungeachtet dieser Normen ist zu berücksichtigen, dass in Moskau weder Quarantäne noch Notstand eingeführt wurden, und die Anordnungen und die Erlasse des Moskauer Bürgermeisters nicht die Kraft eines föderalen Gesetzes haben. Also stellen solche Einschränkungen in Form der QR-Codes aus rechtlicher Sicht eine äußerst strittige Maßnahme dar.

Außerdem kam es zu Problemen im Zusammenhang mit der praktischen Anwendung der QR-Codes. Was muss zum Beispiel ein Ausländer tun, der mit einem in Russland nicht registrierten Impfstoff geimpft wurde? Was müssen Personen mit einem leichten Krankheitsverlauf tun, die sich an keine medizinische Einrichtung gewandt haben und bei denen keine offizielle Diagnose gestellt wurde? Für diese Kategorien schlägt die Moskauer Regierung derzeit als einzige Lösung einen PCR-Test vor. Diese Option hat mehr Nachteile als Vorteile, weil der durchschnittliche Preis des PCR-Tests 2.000 Rubel € beträgt, die Durchführung des Tests zusätzliche Zeit für den Besuch von medizinischen Einrichtungen erfordert und Risiken der Infektion mit sich bringt, da Moskauer die PCR-Tests nicht nur für den Besuch der von Restaurants, sondern auch für die Bestätigung der Corona-Infektion durchführen lassen.

Die Arbeitsmigranten, die geimpft werden müssen, um einen QR-Code zu erhalten, sind ebenfalls auf bestimmte Probleme gestoßen. Die in Moskau arbeitenden Ausländer können erst seit dem 28. Juni geimpft werden, und nur zwei Impfstellen für Ausländer sind in Moskau derzeit geöffnet: im Migrationszentrum im Dorf Sacharowo und im Handelszentrum „Sadowod“. Früher konnten sich die Arbeitsmigranten nicht impfen lassen, weil sie keine obligatorischen Krankenversicherungspolicen haben.

Die Ausländer werden mit einem Einzeldosis-Impfstoff „Sputnik Light“ geimpft, weil es nach den Worten des Bürgermeisters schwer ist, im Zusammenhang mit der häufigen Bewegung der Migranten zwischen Regionen und Staaten einen normalen Impfzyklus sicherzustellen. Die Impfung erfolgt auf Grundlage eines Antrags des Arbeitgebers, in dem eine Liste der in die entsprechende Impfstelle eingewiesenen Mitarbeiter aufgeführt wird. Der Preis der Impfung beträgt 1.300 Rubel pro Person. Die Impfung wird durch den Arbeitgeber bezahlt, der auch die Impfausweise der Mitarbeiter erhält. Dieser Umstand führt zur Erhöhung der Abgabenlast der Unternehmen, weil keine Programme zur Erstattung von Kosten für die Impfung der Mitarbeiter an die Arbeitgeber existieren. Außerdem stellt dieses Schema zusätzliche Fragen, unter anderem, ob der Arbeitgeber bei Sammlung und Speicherung von Informationen über den Gesundheitszustand des Mitarbeiters die Gesetzgebung über personenbezogene Daten einhalten muss.

Dr. Tatiana Vukolova, Associate Partner, Rödl & Partner

 

 

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