Bei deutschen Kliniken wächst das Interesse an der Erbringung medizinischer Leistungen für Patienten aus Russland. Gleichzeitig sind derartige Behandlungen aufgrund der russischen gesetzlichen Vorschriften mit einer Reihe von rechtlichen Risiken verbunden. Juristen klären auf.
Die COVID-19-Pandemie, die die Welt in diesem Jahr erfasst hat, hat überall Fragen der Gesundheitsversorgung in den Vordergrund gerückt. Vor dem Hintergrund der Pandemie wird die Telemedizin zunehmend populär, da der physische Zugang der Patienten zu medizinischen Einrichtungen starken Einschränkungen unterliegt. Die Fernbehandlung erweitert die Möglichkeiten medizinischer Unternehmen erheblich, da diese Behandlungsform es ermöglicht, Leistungen auch an Bürger anderer Länder zu erbringen. Jedoch ist diese Form der Behandlung wegen der nationalen gesetzlichen Vorschriften der verschiedenen Staaten mit bestimmten Risiken verbunden. Insbesondere bei Marktteilnehmern, die die Behandlung russischer Staatsangehöriger anbieten, können viele Fragen auftreten
Grenzüberschreitende Übermittlung personenbezogener Daten
Häufig bieten medizinische Zentren in Deutschland Beratungsleistungen (auch in Form der Telemedizin) auch für russische Bürger an und veröffentlichen auf ihren Webseiten entsprechende Informationen. Für die Behandlung von Patienten müssen Ärzte jedoch viele Angaben abfragen, die aus Sicht der russischen Gesetze als personenbezogene Daten gelten. Daraus können sich verschiedene Schwierigkeiten ergeben, da das russische Föderale Gesetz Nr. 152-FZ „Über personenbezogene Daten“ (im Folgenden „Gesetz“) ein besonderes Verfahren für die Übertragung der persönlichen Daten russischer Bürger ins Ausland vorsieht.
Erstens enthält das Gesetz (Teil 5, Artikel 18) die Anforderung über die erstmalige Sammlung und Speicherung der Daten russischer Bürger innerhalb Russlands (so genannte Lokalisierung personenbezogener Daten), jedoch verfügen nur wenige ausländische Kliniken über Server zur Datenerhebung in Russland. Zweitens ist für die Übermittlung personenbezogener Daten ins Ausland eine Grundlage erforderlich – in den meisten Fällen die schriftliche Zustimmung des Betroffenen zur grenzüberschreitenden Übermittlung seiner Daten (Artikel 12 des Gesetzes). Die Parteien müssen diese Anforderungen berücksichtigen, um Verstöße gegen die russischen gesetzlichen Vorschriften zu vermeiden.
Haftung für mangelhafte medizinische Hilfe
Das russische Recht unterscheidet zwischen persönlichen Terminen beim Arzt und Fernberatungen. Insbesondere hat das russische Gesundheitsministerium ein besonderes Verfahren zur Erbringung von Leistungen unter Einsatz von telemedizinischen Technologien festgelegt (Anordnung Nr. 965n vom 30. November 2017). Jedoch ist eine Reihe von Fragen im Bereich Telemedizin von der russischen Gesetzgebung nach wie vor nicht reguliert worden, einschließlich der Frage der Haftung für mangelhafte medizinische Hilfe. Diesbezüglich existieren unterschiedliche Ansichten, und das Gesetz bietet hier keine klaren Antworten, was zu Risiken sowohl für medizinische Einrichtungen, die die Grenzen ihrer Haftung nicht genau bestimmen können, als auch für Patienten führt, die Gefahr laufen, im Falle von Gesundheitsschäden ohne Schadenersatz zu verbleiben.
Bei einem gewöhnlichen Präsenztermin beim Arzt hat der Patient immer eine Reihe von Rechten, falls ihm mangelhafte medizinische Leistungen erbracht werden. Insbesondere kann er in Übereinstimmung mit Teil 5, Artikel 19 des Föderalen Gesetzes Nr. 323-FZ „Über die Grundlagen der Gesundheit der Bürger in der Russischen Föderation“ Schadenersatz verlangen und die Rechte in Anspruch nehmen, die ihm die Gesetze über den Verbraucherschutz zustehen, wenn es um die Bezahlung entgeltlicher medizinischer Leistungen geht. Diese Rechte sind im Gesetz der Russischen Föderation Nr. 2300-1 „Über den Verbraucherschutz“ festgelegt.
Die Erbringung von telemedizinischen Leistungen an russische Bürger kann also für deutsche medizinische Einrichtungen eine Reihe von rechtlichen Risiken mit sich bringen. Zur Vermeidung von Problemen sollten alle einschlägigen Anforderungen der russischen Gesetzgebung berücksichtigt werden.
Dr. Tatiana Vukolova, Associate Partnerin, Rödl & Partner
Ilya Lokhanin, Jurist, Rödl & Partner
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