Junge Technokraten  – Ob die jungen Minister den Kurs der neuen Regierung entscheidend prägen, ist fraglichMatthias Schepp

Junge Technokraten – Ob die jungen Minister den Kurs der neuen Regierung entscheidend prägen, ist fraglich

Eine Kolumne von Matthias Schepp, Vorstandsvorsitzender der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer (AHK).

Von meinen Begegnungen mit dem neuen Wirtschaftsminister Maxim Reschetnikow, einem alten Bekannten der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer (AHK) aus seiner Zeit als Minister in Moskau und zuletzt als Gouverneur in Perm, war ich regelmäßig ebenso angetan wie von den Gesprächen mit seinem Vorgänger Maxim Oreschkin, der nun als Wirtschaftsberater von Präsident Wladimir Putin in den Kreml wechselt.

Oreschkin war noch zu seiner Zeit als stellvertretender Finanzminister mit einer Keynote zu Gast im AHK-Präsidialrat, im vergangenen Jahr dann ein schlagfertiger und kompetenter Diskutant auf dem Panel unserer großen Russlandkonferenz in Berlin. Mit Wirtschaftsminister Peter Altmaier unterzeichnete er beim Petersburger Wirtschaftsforum im vergangenen Juni ein Memorandum für eine deutsch-russische Effizienzpartnerschaft. Es war das erste Abkommen dieser Art auf Regierungsebene seit der Ukraine-Krise und dem Sanktionsregime.

Wie Maxim Oreschkin steht Reschetnikow für Wirtschaftsnähe und Entscheidungskraft. Mit gerade einmal 40 Jahren gehört er zur Riege junger Minister in der neuen Regierung so wie Digitalminister Maksut Schadajew (40), Gesundheitsminister Michail Muraschko (53), Sozialminister Anton Kotjakow (39), Kulturministerin Olga Ljubimowa (39), Wissenschaftsminister Walerij Falkow (41) und Vizepremier Dmitrij Grigorenko (41).

Das Geburtsdatum im Pass verspricht frischen Wind, wird aber nicht ausreichen, um den vom Staatssender Rossija 24 erhofften „wirtschaftlichen Durchbruch“ zu erreichen.

Denn auch in der neuen Regierung stehen sich Wirtschaftsliberale und Anhänger einer starken Rolle des Staates in der Wirtschaft gegenüber. Der Bereich Wirtschaft wird von Vizepremierminister Jurij Borissow kuriert, einem Militär. Der erste Vizepremier Andrej Beloussow, zuvor Wirtschaftsberater im Kreml, gilt als Vertreter einer starken Rolle des Staates in der Wirtschaft. Seine Gegner kreiden ihm an, dass er die Metallindustrie unter staatliche Kontrolle habe bringen wollen.

Premierminister Mischustin schließlich hat sich einen Ruf als effizienter Manager und Reformer mit Augenmaß erworben. „Die Föderale Steuerbehörde hat sich insbesondere in jüngster Zeit geöffnet und Organisationen wie die AHK in die Vorbereitung von Gesetzesänderungen einbezogen“, sagt Patrick Pohlit von RSP International, Vorsitzender des AHK-Steuerkomitees und Mitglied im AHK-Vorstand. „Wir konnten Vorschläge machen, von denen einige auch berücksichtigt wurden.“

Pohlits Vorgänger als Komitee-Vorsitzender, der Unternehmer Ulf Schneider, lobt die Modernisierung der Steuerbehörde unter Mischustin auf den Gebieten Digitalisierung, Automatisierung und Entbürokratisierung. Statt Lieferscheine endlos ausdrucken und physisch unterschreiben zu müssen, ist dies nun per Knopfdruck und mit elektronischer Unterschrift über das Internet möglich.

Ein europäischer Diplomat fürchtet, dass die neue Regierung lediglich dafür stehe, „effektiver eine Wirtschaftspolitik zu betreiben, die schon davor nicht wirklich funktioniert“ habe. Bei der großen Russlandkonferenz der AHK am 18. Februar in Berlin haben sich sowohl der neue Wirtschaftsminister Maxim Reschetnikow als auch Industrie- und Handelsminister Denis Manturow angekündigt. Die Konferenzteilnehmer hoffen auf erste Fingerzeige, ob die Zeichen eher auf Wachstum oder auf Stagnation stehen.

Kommentare