Für den heutigen Internetnomaden ist es eigentlich egal, wo sein Laptop steht. Das haben sich viele Russen, die wegen des Coronavirus auf Homeoffice umstellen mussten, auch gedacht. Statt irgendwo im spätherbstlichen Moskau oder Jekaterinburg zu sitzen, ist es doch viel schöner am Meer zu sein. Und Sotschi am Schwarzen Meer ist wie prädestiniert dafür.
Im November ist in diesem Ferienort ein massiver Anstieg der Touristenzahlen zu verzeichnen, der als komfortable Möglichkeit für die Überwinterung gewählt wird. Normalerweise ist November keine Hochsaison, aber in diesem Herbst wurde die Stadt mit Besuchern aus anderen Teilen des Landes regelrecht überschwemmt. Ganze Familien siedeln nach Sotschi um, so dass der Mietwohnungsmarkt boomt. Die Hauptsorge der lokalen Behörden ist, dass die Gäste die Einschränkungen für Coronavirus nicht einhalten. Auf seiner Seite in Instagram bat der Bürgermeister von Sotschi Alexej Kopaigorodskij die Gäste sogar, die sanitären und epidemiologischen Anforderungen zu beachten.
„In Sotschi setzt sich das Bevölkerungswachstum fort, wir sehen es in unseren Schulen. In den ersten zwei Monaten des neuen Schuljahres stieg die Schülerzahl um 1.000 Personen. Familien mit Kindern kommen aus dem ganzen Land zu uns (…). Ich appelliere an alle, die in unserer Stadt ankommen: Sie müssen die Anforderungen des Regimes der hohen Bereitschaft strikt einhalten. Zuallererst ist dies ein strenges Maskenregime im Innen- und Außenbereich an überfüllten Orten, wobei die soziale Distanz eingehalten werden muss.“
Dabei stehen die Hotels in Sotschi größtenteils leer und die Minihotels sind in der Regel für den Winter sogar geschlossen. Nach Sotschi kommen diejenigen, die hier einen zweiten Wohnsitz haben, eine Immobilie besitzen oder Touristen, die Wohnungen und Häuser mieten. „Die Gäste kommen nach Sotschi und denken aus irgendeinem Grund, dass die Situation hier anders ist, man braucht keine Masken tragen und muss nicht alle Sicherheitsmaßnahmen beachten. Die Nachlässigkeit unserer Gäste ist schwer zu kontrollieren. Wir haben nicht genügend Personal dafür. Die Leute passieren die erste Absperrung, und dann nehmen sie im Einkaufszentrum einfach ihre Masken ab, beklagte sich eine Einwohnerin von Sotschi gegenüber einer russischen Zeitung.
Auf der anderen Seite eröffnet der Touristenboom neue Geschäftsmöglichkeiten. Die Immobilien in Sotschi erleben eine beispiellose Nachfrage. Wohnungseigentümer vermieten sogar… ihre Balkone und Terrassen. Balkone werden für die Arbeitszeit gemietet, die Mieter kommen werktags von 9 bis 18 Stunden zur Arbeit. Die Kosten für einen solchen Arbeitsplatz betragen durchschnittlich 500 Rubel pro Tag (etwa sechs Euro) oder 150 bis 250 Rubel pro Stunde. Tee und Kaffee inklusive. Ein Balkon mit Meeresblick ist natürlich viel teurer.
Die Krim gilt traditionell als der zweitbeliebteste Ferienort der Russen. Im November ist es dort jedoch schon kalt, außerdem ist die Krim teurer und nicht so bequem zu erreichen. Dazu kommen gelegentliche Probleme mit dem mobilen Internet.
Nach Angaben des russischen Arbeitsministeriums haben sieben Prozent der Beschäftigten in Russland inzwischen auf Fernarbeit umgestellt. Das sind ungefähr vier Millionen Menschen. Die meisten von ihnen sind Mitarbeiter von Banken und IT-Unternehmen.
[hrsg/russland.NEWS]
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