Gebühren für Müllabfuhr in Moskau um das Doppelte erhöht

Gebühren für Müllabfuhr in Moskau um das Doppelte erhöht

Nach achtjährigem Einfrieren erhöhte das Büro des Bürgermeisters den Tarif für die Abfallentsorgung aufgrund der Schließung von Deponien in der Region Moskau und dadurch erhöhter Transportkosten um das 2,2-fache. Die Nebenkosten für Wohnraum und kommunale Dienstleistungen werden jedoch um nicht mehr als 5 Prozent steigen.

Die Preise für die Beseitigung von Siedlungsabfällen und Sperrmüll stiegen um 2,89 Rubel von 2,34 Rubel auf 5,23 Rubel pro Quadratmeter der Gesamtfläche. Bürgermeister Sergei Sobjanin hatte ein entsprechendes Dekret am 27. Dezember letzten Jahres unterzeichnet.

Die Müllentsorgungskosten werden als Teilgebühr für die Instandhaltung von Wohnraum erhoben, die vom Rathaus im Rahmen planmäßiger Standardausgaben festgelegt wird, erklärte das Ministerium für Wohnungswesen und kommunale Dienstleistungen durch seine Presseabteilung. Separat sind die Kosten für die Müllabfuhr in der monatlichen Zahlung nicht ausgewiesen.

Im Jahr 2020 erhöhten sich die Betriebskosten, in denen etwa 30 Arten von Arbeiten für die Instandhaltung eines Wohngebäudes enthalten sind, um diese 2,89 Rubel. Von 27,6 Rubel auf bis zu 30,49 Rubel pro Quadratmeter wie aus einer Antwort des Amtes für Wohnungswesen und kommunale Dienstleistungen hervorgeht. Somit stiegen die Ausgaben für andere Dienstleistungen, mit Ausnahme der Müllabfuhr, nicht an, aber die Gesamtgebühren für die Instandhaltung von Wohnungen erhöhten sich um 10,47 Prozent.

In den fünf Jahren zwischen 2012 und 2017 stiegen die Müllabfuhrkosten nur um 0,26 Rubel auf 2,34 Rubel pro Quadratmeter und im Zeitraum 2018 bis 2019 blieben die Gebühren für die Müllabfuhr unverändert wie das Ministerium für Wohnungswesen und kommunale Dienstleistungen mitteilte. „Gleichzeitig stiegen die wirtschaftlich vertretbaren Kosten für den Umgang mit Hausmüll in den Jahren 2017 bis 2018 aufgrund der massiven Stilllegung von Mülldeponien in der Region Moskau. Dies führte zu größeren Entfernungen im Bereich der Abfallsammlung der Abfallentsorgung und einer Zunahme der Kosten für die   Transportunternehmen, so der Pressedienst des Moskauer Wohnungsministeriums.

Bis Ende 2019 wurden 28 von 39 Mülldeponien in der Region Moskau geschlossen. Die Fläche der geschlossenen Deponien beträgt nach Angaben des regionalen Umweltministeriums 274,6 Hektar.

Der Besitzer einer durchschnittlichen Wohnung von 45 Quadratmetern zahlt nach der Erhöhung der Nebenkosten um 10,47 Prozent auf 30,49 Rubel pro Quadratmeter anstatt 105,3 Rubel jetzt 235,35 Rubel für die monatliche Müllabfuhr – bei einer Gesamtrechnung der Instandhaltungskosten von 1372,05 Rubel im Monat, was fast 20 Euro entspricht.

In diesem Betrag sind jedoch Nebenkosten wie Strom, Gas, Wasser und sanitäre Anlagen nicht enthalten. Die Tariferhöhung für sie wird im Gegensatz zur Wohnungswirtschaft von der Regierung und nicht von der Region geregelt. Dmitri Medwedew, noch im Amt des Ministerpräsidenten, entschied im Oktober 2019, dass die durchschnittliche Höhe der Gebühren für Wohnungs- und Kommunaldienstleistungen in Moskau in der ersten Hälfte des Jahres 2020 nicht, und in der zweiten Hälfte bis zu fünf Prozent steigen sollte.

„Die allgemeine Rechnungshöhe für kommunale Dienstleistungen umfasst für einen Einwohner Moskaus drei Arten von Dienstleistungen: Versorgungsleistungen wie Licht, Gas und Wasser, Wohnungsdienstleistungen (in der Regel, einschließlich der Müllabfuhr, von der Verwaltungsgesellschaft erbracht) und Instandhaltungen“, erklärte die geschäftsführende Direktorin von Housing and Communal Control, Swetlana Razworotnewa. Ihr zufolge können sowohl die Kosten für Wohnungsdienstleistungen als auch die Instandsetzungskosten über die Inflationsrate hinaus ansteigen. Aus dem Bauministerium heißt es, die verdoppelte Gebühr für die Abfallentsorgung in Moskau gehöre zu den Wohnungsdienstleistungen und falle daher nicht unter die Beschränkung des Tarifwachstums um 5 Prozent.

Moskau, St. Petersburg und Sewastopol hatten beim Beitritt zur Abfallreform, die am 1. Januar 2019 in Russland begann, einen Aufschub erhalten, so dass die Hauptstadt im Gegensatz zu den meisten anderen Regionen noch keinen alleinigen regionalen Betreiber für die Abfallsammlung ausgewählt hat. Für ihre Entscheidung haben die Moskauer Behörden bis 2022 Zeit. Und die Kosten für die Entsorgung werden vorerst in den monatlichen Rechnungen noch nicht in einer separaten Zeile angegeben.

Wer entfernt in Moskau den Hausmüll

Im Jahr 2020 werden in Moskau 8,1 Millionen Tonnen fester Siedlungsabfälle anfallen, wie im Ende letzten Jahres genehmigten Rahmenplan für die Abfallbewirtschaftung für den Zeitraum 2020 bis 2029 angegeben ist. Der Leiter des Moskauer Amtes für Wohnungswesen und kommunale Dienstleistungen, Alexander Solowjow, schätzte das Abfallaufkommen, das die fünf größten „Müllbetreiber“ in der Stadt verursachen, auf 2,55 Millionen Tonnen pro Jahr.

Seit 2014 wird der gesamte Müll in Moskau von fünf Betreibern gesammelt und entsorgt, mit denen staatliche Verträge mit einer Laufzeit von 15 Jahren abgeschlossen wurden. Die größten von ihnen sind Charta des Sohnes des Ex-Generalstaatsanwalts Igor Tschaika, der an der Abfallsammlung in den nordöstlichen und östlichen Bezirken beteiligt ist (das Auftragsvolumen beträgt 42,6 Milliarden Rubel), und MKM-Logistics, die den Müll aus den südwestlichen und westlichen Bezirken abtransportiert (40,1 Milliarden Rubel). Im Juli 2019 erwarben die Anteilseigner von EcoLine, das die zentralen und nördlichen Bezirke bedient (25,6 Milliarden Rubel), MKM Logistics. Im Nordwesten von Moskau entsorgt Spectrans (12,4 Milliarden Rubel), und in den Bezirken Ost und Selenograd MSK-NT (21,4 Milliarden Rubel). Diese fünf Unternehmen werden ihre Arbeit für die gesamte Vertragsdauer fortsetzen und an deren Ende im Jahr 2029 die Abfallentsorgung an einen einzigen regionalen Betreiber übertragen.

Der Vorsitzende der Russischen Ökologischen Gesellschaft, Raschid Ismailow, hält die Müllabfuhrkosten in Moskau für vergleichsweise gering. Außerdem werden sie aus dem Haushalt subventioniert.

Die Betreiber weisen darauf hin, dass ihre Kosten nicht nur durch die Schließung von Deponien in der Region Moskau und die Veränderungen bei den Transportkosten erheblich gestiegen sind, sondern auch durch die ab dem 1. Januar 2020 eingeführte getrennte Abfallsammlung in Moskau. Die Unternehmen stellen getrennte Container für gemischte Abfälle und Wertstoffe auf und bringen diesen Müll getrennt weg. Aber sie sind dafür noch nicht entschädigt worden. Das Unternehmen Charta gab inzwischen mehr als 250 Millionen Rubel für Container und Ausrüstung aus, so der stellvertretende Generaldirektor Michail Minschakow. Ihm zufolge belaufen sich die monatlichen Ausgaben auf mehr als 20 Millionen Rubel. In diesem Betrag sind Darlehenszahlungen, Gehälter der Mitarbeiter und die Kosten für die getrennte Entsorgung von Abfällen enthalten. Zusätzlich gab es erhebliche Ausgaben für neue Maschinen an den Sortierbändern. Das Unternehmen arbeitet auf eigene Kosten, und dafür habe die Moskauer Regierung eine Entschädigung versprochen. Bisher werde aber nur darüber „diskutiert, wie man sie bekommen kann“.

Ruslan Molkow, Sprecher der gemeinnützigen Organisation Sojusresurs (vereint die Moskauer Müllabfuhrunternehmen), bestätigt, dass bei der getrennten Abfallsammlung der Transport und der Treibstoff die Hauptkostentreiber sind. „Es dauert länger, bis ein Müllwagen die Container mit Wertstoffen in seinem Bezirk einsammelt. Die stehen fast an jedem Standort und es gibt immer mehr Mischmülltonnen. Auch die Kosten für die Lagerung von Abfällen auf den Deponien sind gestiegen.“

„Das in Moskau eingeführte System der getrennten Sammlung und Lagerung von Abfällen wird hauptsächlich aufgrund der vertraglichen Verpflichtungen langfristiger staatlicher Auftragnehmer und anderer Auftragnehmer umgesetzt. Die entsprechenden Verpflichtungen sind in den Standardbestimmungen für den Umgang mit Hausmüll und Regierungsverträgen enthalten“, steht im Pressedienst der Moskauer Ministeriums für Wohnungswesen und kommunale Dienstleistungen geschrieben. Ismailow erinnert daran, dass bei der Ankündigung des Programms zur Einführung einer getrennten Sammlung von Hausmüll im Sommer 2019 das Ministerium versichert hatte, dass die Kosten für die Müllabfuhr nicht steigen werden.

Molkow weist darauf hin, dass die Spediteure jetzt praktisch nicht mehr vom Verkauf der getrennt gesammelten Recyclingmaterialien profitieren. Und grob gesammeltes Recycling lässt sich schwer verkaufen. Aber er rechnet damit, dass die Unternehmen ihre Gewinne steigern können, wenn mehr Abfall getrennt gesammelt wird und die Effizienz des Recyclings steigt.

Waleria Korostelewa, Leiterin der Moskauer Niederlassung der Bewegung für die getrennte Abfallsammlung, ist der Ansicht, dass die getrennte Abfallsammlung für die Stadt, ihre Einwohner und den Betreiber rentabel sein könnte. Unter Voraussetzung einer vernünftigen Organisation könnte Moskau zig Millionen Rubel durch die Reduzierung der Abfallentsorgung auf Deponien sparen. „Aus allen Abfällen kann bei getrennter Sammlung ein Drittel in Form von Sekundärrohstoffe gewonnen werden, die sich verkaufen ließen und Verdienst brächten“, sagte die Sachverständige. Die von den Moskauer Müllabfuhrunternehmen Betreibern angegebenen Kosten, die durch die Einführung der getrennten Sammlung hält sie für übertrieben.

Nachdem in Slawgorod (Altai-Territorium) die Müllkosten verdoppelt wurden, schaltete sich die Antimonopolbehörde ein. Kritiker sagen, Moskau habe seine Kosten für staatliche Verträge mit Abfallentsorgern bereits beglichen. Mit dem verdoppelten Mülltarif erhalte das Moskauer Budget von den Bewohnern zusätzliche 2,5 Milliarden Rubel, deren Hausmüll von den fünf größten Müllsammelbetreibern entsorgt wird. Damit wolle die Regierung die gestiegenen Haushaltskosten decken – immerhin 0,1 Prozent des Moskauer Budget.

Nach den Ergebnissen einer unveröffentlichten Studie aus dem letzten Oktober, die hauptsächlich Mitarbeitern der Präsidialverwaltung zugänglich ist, sind die Russen am meisten besorgt über den Anstieg der Preise für Wohnungen und kommunale Dienstleistungen (48 Prozent).

Ende Oktober 2019 veröffentlichte das unabhängige Meinungsforschungsinstitut Lewada-Zentrum die Ergebnisse einer Umfrage, bei der herauskam, dass sich die Russen am meisten vor der Krankheit von Angehörigen und Kindern, dem Weltkrieg und der Willkür der Behörden fürchten.

[hrsg/russland.NEWS]

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