Cashback: Einzelförderung des russischen Inlandstourismus stolpert erfolgreich

Cashback: Einzelförderung des russischen Inlandstourismus stolpert erfolgreich

Premierminister Michail Mischustin ordnete an, Rostourismus zusätzliche 1,2 Milliarden Rubel aus dem Reservefonds zuzuweisen, um Projekte zur Entwicklung des Inlands- und Auslandstourismus zu unterstützen.

„Einzelne Unternehmer und Handelsorganisationen können Zuschüsse für die Entwicklung touristischer Routen und mobiler Reiseführer, die Schaffung von Infrastruktur für Menschen mit Behinderungen, den Kauf von Hotels in Modulbauweise und Ausstattung für Informationszentren erhalten“, heißt es in einer Erklärung auf der Webseite der Regierung.

Die Mittel werden im Rahmen des staatlichen Programms „Wirtschaftliche Entwicklung und innovative Wirtschaft“ vergeben. Sie werden 400 soziale und geschäftliche Initiativen unterstützen. Die Höhe der finanziellen Unterstützung wird je nach Antrag des Bewerbers von der Wettbewerbskommission des Bundesamtes für Tourismus festgelegt. Die Höhe des Zuschusses ist auf 3 Millionen Rubel, etwa 34.000 Euro, begrenzt.

Die russische Regierung hatte bereits 15 Milliarden Rubel (etwa 171 Millionen Euro) bereitgestellt, um einzelnen Bürgern einen Teil ihrer Kosten für Inlandsreisen auszugleichen. Das Programm von Rostourismus startete am 21. August. Von da ab konnten die Russen für eine Woche online eine Reise oder ein Hotel auswählen, mit einer MIR-Karte https://www.russland.capital/kontaktloses-bezahlsystems-mir-pay-startet-im-fruehjahr bezahlen und innerhalb von fünf Tagen eine Rückerstattung von 5.000 bis 15.000 Rubel abhängig vom Kaufpreis erhalten (bis etwa 175 Euro). Nach Angaben des Tourismusverbandes waren an dem ersten Reisesubventionsprogramm rund 700 Reiseveranstalter und mehr als 3.000 Unterkünfte (Hotels, Resorts und sogar Kreuzfahrtschiffe) beteiligt. Fast im ganzen Land wurden rund 700.000 Reiseangebote generiert.

Das Cashback-Programm wurde von über 50.000 Menschen genutzt, die insgesamt 1,4 Milliarden Rubel (etwa 125 Millionen Euro) für Reisen und Übernachtungen ausgaben, berichtete Rostourismus-Chefin, Sarina Dogusowa.

Soweit so gut, denn bei der Ankündigung des Programms betonte der stellvertretende Ministerpräsident Dmitri Tschernyschenko, dass etwa 3 Millionen Russen den Cashback nutzen könnten. In Wirklichkeit nutzten dieses Angebot nur 1,67 Prozent der Russen und verbrauchten dabei 2 Prozent (280 Millionen Rubel/3,2 Millionen Euro) der für die Subventionierung von Inlandsreisen bereitgestellten Mittel von 15 Milliarden Rubel, etwa  171 Millionen Euro.

Es gebe mehrere Gründe, warum die „Wirkung des Programms von Rostourismus nicht so greifbar ist, wie die Behörden erwartet hatten“, wie es Anna Schilowa in der russischen Zeitung VTimes formuliert. Zu wenig Vorbereitungszeit, zu enge Fristen, nur für Reisen ab einer Woche, am Ende der Saison, kritisieren Reiseveranstalter und Hoteliers. Offiziell verkündet wurde das Programm einen Monat vor Beginn, die Medien begannen erst etwa eine Woche vor Beginn der Aktion. So in einer Woche eine große Anzahl von Menschen zu erreichen wollen, erwies sich als das, was es ist: unrealistisch.

Erschwerend auf die Begrenzung der Nutzer auf Besitzer von Mir-Karten, deren Hauptnutzer Rentner und Staatsangestellte sind. Viele von ihnen verstehen Zahlungssysteme nicht, halten sie für schwierig oder gar beängstigend. Auch konnten viele Sanatorien nicht an der Aktion teilnehmen, weil sie über keine entsprechenden Onlinedienste für Kartenzahlungsoptionen auf ihrer Webseite verfügen.

Dennoch ist die Reisebranche insgesamt mit diesem Start zufrieden und unterstützt eindeutig diese staatliche Initiative. Die Behörden erwägen wir eine Wiederholung des Programms in diesem Jahr und eine mögliche Ausweitung der Maßnahme, da das Programm seine Wirksamkeit bei der Stimulierung der Nachfrage für die Nebensaison gezeigt habe. Branchenverbände aus Tourismus und Hotellerie haben Ministerpräsident Michail Mischustin gebeten, das Programm zu verlängern.

Jewgeny Terentjew, Leiter des Verbandes der Sanatorien in Tatarstan, hält die Aktion für „sehr, sehr nützlich“. Dies sei die erste wirksame Hilfe für die heimische Tourismusindustrie und eine echte Gelegenheit für Sanatorien, sich von den Folgen der Quarantäne zu erholen. Die „heftige Kritik“ an der Initiative von Rostourismus habe letztendlich gezeigt, dass es „nicht mehr möglich ist, die Lösung dieser Aufgaben zu verschieben“.

„Ich bin begeistert von der Rostourismus-Kampagne und unterstütze sie mit beiden Händen“, lobt Dmitry Bogdanow, Generaldirektor des Sanatoriums Znanie in Sotschi. „Seit 30 Jahren Tourismusentwicklung in Russland ist dies die erste Initiative zur Unterstützung und Stimulierung des Endverbrauchers. Infrastrukturmaßnahmen sind ebenfalls notwendig und gut, aber der Branche mangelt es an direktem Kontakt mit Käufern von Tourismusdienstleistungen.“

Die Zahlen bestätigen das Interesse der Kunden an der Kampagne. Nach Angaben des Verbandes der Reiseveranstalter Russlands (ATOR) verdoppelte sich der Umsatz in der Woche vom 22. bis 28. August mit Touren in Russland im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bei vielen Reiseveranstaltern.  Für jede mit Cashback gekaufte Reise wurden durchschnittlich 53.500 Rubel beziehungsweise 600 Euro ausgegeben.

Das Baltschug Kempinski Moskau Hotel hat derzeit „keine nennenswerte Anzahl von Buchungen“ aus dem Programm verbuchen können. Man sei aber „absolut zuversichtlich sind, dass die staatliche Unterstützung für den inländischen Tourismusmarkt unbestreitbar wichtig und begrüße den Start dieses Programms sehr“, so Hotelchefin Lada Samodumskaja.

Trotz des Lobes von vielen Seiten sollte das Cashback-Programm aufgrund der aktuellen Erfahrungen geändert werden. Beispielsweise können ein erweitertes Verkaufsfenster und eine Reduzierung des Mindestdaueraufenthalts auf zwei bis drei Übernachtungen zu greifbareren Ergebnissen des Programms führen.

Der russischen Tourismusbranche käme das sehr gelegen, denn es gibt neuen Grund zur Sorge. Die Russen haben aufgehört, Reisen für den Spätherbst und Winter zu buchen. Die Verkäufe für diese Zeiträume fielen auf fast Null, so der Verband der russischen Reiseveranstalter. Dies gilt sowohl für Reisen ins Ausland als auch innerhalb des Landes. Experten zufolge sollen Informationen über „die wahrscheinliche zweite Welle des Coronavirus“ die Menschen erschrecken und Reiseängste entstehen lassen. Es könnte auch an den Gerüchten liegen, die sich in sozialen Netzwerken verbreiten, dass Russland nach dem 20. September erneut eine strikte Quarantäne verhängen wird. Plötzlich haben fast alle Russen einen „Bekannten aus der Präsidialverwaltung“, der ihnen Informationen über die bevorstehende erneute Quarantäne Mitte September preisgibt. Außerdem wird es angeblich viel schlimmer sein als das, was die Russen bereits durchgemacht haben. Dies werde auch von „Verwandten, die in Krankenhäusern arbeiten“ bestätigt. Die Behörden haben dies jedoch mehrfach bestritten. Zum Beispiel rief der Moskauer Bürgermeister Sergei Sobjanin mindestens dreimal auf, Gerüchten in sozialen Netzwerken nicht zu glauben.

Die inzwischen 16,2 Milliarden Rubel für den russischen Inlandstourismus sind gut angelegt. Zum Vergleich: Für Zahlungen an Ärzte, Sanitäter, Krankenschwestern, Krankenwagenfahrer, Angestellte von Pflegeheimen und Behinderteneinrichtungen sowie Sozialarbeiter, die mit Coronavirus infizierten Patienten arbeiten, hat die russische Regierung zusätzliche Mittel in Höhe von 24 Milliarden Rubel (etwa 270 Millionen Euro) aus dem Reservefonds bereitgestellt. Der Verlust russischer Fluggesellschaften aus dem Passagierverkehr belief sich von Januar bis Juni auf 121 Milliarden Rubel (etwa 1,35 Milliarden Euro), geht aus den Daten des Verbandes der Luftverkehrsunternehmen (AEVT) hervor.

[hrsg/russland.NEWS]

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