Yandex fand Kompromiss mit dem russischen Staat

Yandex fand Kompromiss mit dem russischen Staat

Russlands größtes Technologieunternehmen Yandex gab am 18. November bekannt, dass der   Verwaltungsrat Änderungen an seinen Grundsätzen der Unternehmensführung erlaubt hat. Die vorgeschlagenen Änderungen bedürfen noch der Genehmigung durch eine außerordentliche Hauptversammlung am 20. Dezember.

In die Struktur des Unternehmens wird eine gemeinnützige Stiftung für öffentliche Interessen (Public Interest Foundation) integriert. Sie wird in der Lage sein, zwei der zwölf Direktoren in den Verwaltungsrat von Yandex zu berufen und an Entscheidungen im Rahmen einer begrenzten und klar definierten Liste von Fragen mitzuwirken. Die Stiftung wird aber nicht in der Lage sein, andere Fragen der operativen, strategischen und wirtschaftlichen Tätigkeit von Yandex zu beeinflussen.

Yandex lud Vertreter von Universitäten und Nichtregierungsorganisationen, mit denen das Unternehmen langfristige Partnerschaften eingegangen ist, in den Verwaltungsrat der Stiftung ein. Fünf von ihnen sind Vertreter führender russischer Universitäten, mit denen Yandex gemeinsame Bildungs- und Forschungsprojekte durchführt: Higher School of Economics HSE, MIPT, Moscow State University, St. Petersburg State University und ITMO.

Drei Nichtregierungsorganisationen werden durch unabhängige Direktoren vertreten sein: RSPP, der Yandex angehört, die Skolkovo School of Management und die Foundation for the Support of School No. 57 (Moskau). Dem Verwaltungsrat der Stiftung gehören auch die Chefs des Unternehmens an: Arkady Volozh, Tigran Khudaverdyan und Elena Bunina.

Nach ihrer Gründung wird die Stiftung zwei neue Mitglieder des Verwaltungsrates von Yandex ernennen: den Vizerektor der Russischen Akademie für Volkswirtschaft und öffentliche Verwaltung (RANEPA) Alexei Komissarov und den Generaldirektor von VTB Capital, Alexei Yakovitsky.

„Im Namen des Verwaltungsrates unterstütze ich die vorgeschlagenen Änderungen und ermutige die Aktionäre, sie zu genehmigen“, sagt John Boynton, Präsident des Verwaltungsrates von Yandex. „Es ist offensichtlich, dass Yandex wie jedes große IT-Unternehmen Änderungen im regulatorischen Umfeld seines Kerngeschäftes berücksichtigen muss. Der Verwaltungsrat hat verschiedene Lösungen für dieses Problem analysiert. Die vorgeschlagene Struktur hält das Gleichgewicht zwischen allen Parteien aufrecht. Sie berücksichtigt die öffentlichen Interessen, die Interessen der Anteilseigner, der Mitarbeiter und der Nutzer und beeinträchtigt nicht die Geschäftstätigkeit des Unternehmens.“

„Seit 22 Jahren entwickelt Yandex erstklassige Weltklasse-Technologien, die ein wichtiger Bestandteil des Lebens von Millionen von Menschen sind“, sagte Arkady Volozh, CEO von Yandex. Ich hoffe, dass die Aktionäre die heute vorgeschlagenen Änderungen unterstützen, die wir bereits als Goldene Aktie 2.0 bezeichnet haben. Auf diese Weise können wir uns weiterhin auf das konzentrieren, was wir am besten können – innovative Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln sowie das Unternehmen im Interesse unserer Nutzer und Aktionäre weiterzuentwickeln.“

Die Stiftung ist eine gemeinnützige Organisation. Sie hat keine Eigentümer, Begünstigten oder kontrollierenden Personen und wird vom Verwaltungsrat geführt. Sie basiert auf transparenten und öffentlich zugänglichen Kriterien von Vertretern des Unternehmens und seiner Partner im Bereich Bildung und Wissenschaft.

Insgesamt kann die Stiftung die operativen, strategischen und wirtschaftlichen Aktivitäten von Yandex nicht beeinflussen. Ein Instrument der staatlichen Kontrolle über das Unternehmen wird sie nicht sein. Sie wurde geschaffen, um den Interessenausgleich bei der Erörterung gesellschaftskritischer Themen in einer begrenzten und klar definierten Liste zu überwachen.

Wenn sich der Verwaltungsrat weigert, die Entscheidungen der Stiftung umzusetzen, kann die Stiftung in Ausnahmefällen, in denen der Verwaltungsrat den Entscheidungen der Stiftung absichtlich nicht nachkommt, die Arbeit an einer Umstrukturierung erschwert oder Entscheidungen trifft, die die nationale Sicherheit beeinträchtigen könnten, den Chef von Yandex.Ru vorübergehend absetzen.

Zudem wird eines der neuen Mitglieder des Verwaltungsrats Mitglied des Nominierungsausschusses sein und das Recht haben, gegen die zur Wahl vorgeschlagenen Kandidaten für vier von zwölf Sitzen im Verwaltungsrat ein Veto einzulegen. Der Nominierungsausschuss besteht aus fünf Mitgliedern und empfiehlt und nominiert weiterhin Kandidaten für den Verwaltungsrat.

Yandex bleibt eine Aktiengesellschaft und an der Börse. Die neue Struktur wurde so konzipiert, dass die wirtschaftlichen Interessen der Stammaktionäre nicht beeinträchtigt werden. Der freie Zugang zum Kapitalmarkt ist für das Unternehmen sehr wichtig, zumal das Interesse der Anleger an der Technologiebranche zunimmt.

Der Sprecher des russischen Präsidenten Dmitry Peskov sagte gestern, die Vorschläge zur Änderung der Managementstruktur von Yandex seien mit Mitarbeitern der Administration des Präsidenten und Regierungsbeamten zwar diskutiert, aber vom Unternehmen mit dem Kreml nicht abgestimmt worden. „Das Besprechen und Informieren der Präsidialverwaltung über solch ehrgeizige Pläne für Unternehmensumstrukturierungen ist eine Sache, das Einverständnis ist eine andere Sache“, sagte er. Er gab jedoch nicht an, mit wem genau das Unternehmen Gespräche führte.

Kurz nach der Bekanntgabe der neuen Aktionärsstruktur von Yandex kündigte vorgestern der Duma-Abgeordnete Anton Gorelkin an, seine Gesetzesvorlage zur Begrenzung des Ausländeranteils an Internetunternehmen zurückzuziehen, um sie unter Berücksichtigung der weitaus liberaleren Position der Regierung zu revidieren.

Danach stieg der Wert von Yandex um 11 Prozent (1,3 Milliarden US-Dollar) und kostet jetzt wieder mehr als 13 Milliarden Dollar – der gleiche Betrag wie vor der Einführung des Gorelkin-Gesetzes, nach dessen Ankündigung die Yandex-Aktie gefallen war.

Eine zentrale Rolle bei den für Yandex turbulenten Ereignissen der letzten Tage spielte die Goldene Aktie, die die  Sberbank im Jahr 2009 von Yandex erworben hatte, eine zentrale Rolle. Gestern hatte Yandex die Bank gebeten, einen Kaufvertrag für die Goldene Aktie zur Übertragung an die neue Stiftung anzufertigen. Mit der Goldenen Aktie konnte die Sberbank verhindern, dass sich mehr als 25 Prozent der Yandex-Aktien in den Händen eines einzelnen Investors befinden.

Wenn die Goldene Aktie an die neue Stiftung übertragen wird, werden die Rechte an ihr erweitert. Die erneuerte Aktie gibt das Recht, zwei von 12 Direktoren für den Verwaltungsrat von Yandex zu nominieren und die Konzentration von 10 Prozent oder mehr des wirtschaftlichen oder stimmberechtigten Anteils in einer Hand zu blockieren.

Der Verwaltungsrat der Sberbank stimmte der Transaktion zu und verkaufte die „Goldene Aktie“ an Yandex zu dem symbolischen Preis von einem Euro.

[hrsg/russland.NEWS]

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