Die Verhängung des anteiligen Öl-Embargos der EU gegen Russland wurde in Russland unterschiedlich wahrgenommen. Während einige Experten es als eine Katastrophe bezeichnen, sehen die anderen darin keine große Gefahr. Fest steht, dass die Einfuhr von russischem Öl über den Seeweg in die EU gestoppt werden soll. Für dieses Öl werden Russland jährlich etwa 25 Milliarden Dollar fehlen.
Der Analyst der Öl- und Gasindustrie Michail Krutichin geht davon aus, dass etwa die Hälfte der russischen Ölexporte per Tanker erfolgt. Der europäische Markt wird zu 60 Prozent mit Tankschiffen und zu 40 Prozent über die Druschba-Pipeline beliefert. „Dies ist ein größerer Schlag für die russische Wirtschaft, als wir uns vorstellen können. Wenn es heißt, dass der Kanal nur auf dem Seeweg geschlossen werden soll, stimmt das nicht ganz. Erstens wird die Pipeline Druschba bis Ende des Jahres die Ölförderung nach Polen und Deutschland einstellen, die sich verpflichtet haben, ihre Importe nicht nur auf dem Seeweg, sondern auch über die Pipeline zu stoppen. Zweitens ist es notwendig, die Ölmenge zu betrachten, die durch den südlichen Zweig von Druschba in drei Länder – die Tschechische Republik, die Slowakei und Ungarn – fließt. Ungarn zum Beispiel erhält nur 3,6 Millionen Tonnen Öl. Dies ist lächerlich im Vergleich zu dem nach Europa gerichteten Volumen von 110 Millionen. Daher halte ich es für verfrüht zu sagen, dass die Hartnäckigkeit Ungarns das volle Embargo verhindert habe“, sagte der Experte in einem Interview mit dem YouTube Kanal „Bild auf Russisch“. Darüber hinaus betrifft das Embargo nicht nur Rohöllieferungen, sondern in hohem Maße auch die Ausfuhr von Raffinerieprodukten. Russland exportiert jedes Jahr 144 Millionen Tonnen Raffinerieprodukte.
Es ist nicht einfach, die Ölströme nach Osten und Süden umzuleiten, da alle Terminals bereits voll ausgelastet sind. China oder Indien können die Ausfuhren nach Europa nicht ersetzen.
Sicher ist, dass Russland seine Ölproduktion drosseln muss.
Leonid Fedun, Miteigentümer und Vizepräsident vom russischen Ölkonzern LUKOIL, sagte, dass es unter den derzeitigen Bedingungen notwendig sei, die Ölproduktion um 30 Prozent zu senken. „Warum mehr produzieren und exportieren, als für ein dynamisches Wirtschaftswachstum und den derzeitigen Wohlstand notwendig ist? Es ist vernünftiger, ungenutzte Rohstoffreserven für den künftigen Verbrauch zu bewahren und Infrastrukturreserven zu schaffen, als zweifelhafte Schulden anzuhäufen, die zudem jedes Jahr durch eine nicht kontrollierbare Abwertung an Wert verlieren“, sagte er. „Warum sollte Russland 10 Millionen Barrel Öl pro Tag fördern, wenn wir effektiv 7 bis 8 Millionen verbrauchen und exportieren können, ohne dass dem Staatshaushalt, dem Inlandsverbrauch und der Versorgung mit Importen ein Verlust entsteht. Lassen Sie uns auch auf die Diskussion zurückkommen, die wir am Vorabend des OPEC+-Abkommens geführt haben. Was ist besser – 10 Barrel Rohöl zu 50 Dollar zu verkaufen oder sieben, aber zu 80 Dollar?“
[hrsg/russland.NEWS]
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