Sberbank sieht sich durch Coronavirus gestärkt

Sberbank sieht sich durch Coronavirus gestärkt

Die russische Sberbank, das größte Finanzinstitut Russlands, geht davon aus, dass sie im Ergebnis der Corona-Krise ihre Position in Europa stärken kann, teilte gestern ein Sprecher der Bank gegenüber Pressevertretern mit. Ihr entwickeltes Ökosystem, das heißt ihr unternehmerisches Beziehungsgeflecht, verschaffe ihr einen Vorteil in der gegenwärtigen Situation, vor allem angesichts einer bevorstehenden Rezession.

In Europa ist der russische Staatsmonopolist seit 2011 über seine Tochter Sberbank Europe mit Sitz in Wien aktiv. Damals hatte sie für 500 Millionen Euro die Volksbank International (VBI) und deren Unternehmen in mehreren Ländern gekauft. Die Sberbank Europe Gruppe hat rund 715.000 Kunden und 188 Filialen. Mittlerweile ist die Bank in acht Ländern Mittel- und Osteuropas vertreten. Das Vermögen beläuft sich auf 11,66 Milliarden Euro (2018). Die größten Niederlassungen befinden sich in Tschechien, Österreich und Deutschland.

Die Privatkunden der Sberbank Europe in Deutschland haben Zugang über Sberbank Direct zu Sparkonten, Termineinlagen und Konsumentenkrediten, teilte der Pressedienst der russischen Sberbank mit. Die Kunden der deutschen Niederlassung seien hauptsächlich Personen mit ständigem Wohnsitz in Deutschland, fügte er hinzu. In Österreich betreut die Bank bislang vor allem Firmenkunden, ab 2021 aber auch Einzelpersonen.

Angesichts der Unbeständigkeit des Rubels hat die Sberbank ihren Anteil an der einheimischen Währung im Geschäft stark reduziert. So gingen die Verbindlichkeiten der Bank gegenüber Kunden im Rubeläquivalent um 25 Prozent zurück – von 5,7 auf 4,3 Billionen (etwa 50 Milliarden Euro).

Der Hauptkonkurrent der Sberbank im eigenen Land, die VTB, verstärkt dagegen ihre Präsenz in den GUS-Staaten und in Georgien, teilte der Pressedienst des Kreditinstituts mit. Im Januar startete die VTB Aserbaidschan eine Direct-Line, die Chat-Bot-Technologien im Instant Messenger verwendet. Damit können Rechnungen bezahlt, Geld von Kreditkarte zu Kreditkarte im Land überwiesen, ein Kredit oder ein Deposit geordert werden. VTB Belarus und VTB Georgia haben für ihre Kunden den Apple Pay Service eingeführt. In Georgien bietet die VTB auch einen Video-Banking-Service an.

Die Sberbank hat jedoch das am weitesten entwickelte Ökosystem in Russland, sagte die Finam-Analystin Natalja Malych. „Sie ist mit ihren Technologien in Europa wettbewerbsfähig. Die Verbreitung des Coronavirus wird die Konsolidierung des Bankensektors in Russland und im Ausland stärken, und starke Akteure, die Zugang zu Finanzmitteln haben, dürften ihren Anteil wahrscheinlich erhöhen“, erklärte sie.

Die Sberbank spielt in der obersten Liga der europäischen Finanzinstitute mit. Ihre Kapitalisierung an der Londoner Börse beläuft sich auf 46,77 Milliarden Euro, während etwa die Deutsche Bank nur auf 10,75 Milliarden Euro kommt. Nach der Finanzkrise von 2007/2008 haben sich bei den europäischen Banken jede Menge fauler Kredite angesammelt, die Niedrigzinspolitik der EZB macht es ihnen noch schwieriger, Geld zu verdienen, erklärte der Unternehmenssprecher. Das Coronavirus mit seinen unabsehbaren finanziellen Folgen sowie möglichen dramatischen wirtschaftlichen Konsequenzen würden ihnen neue Schwierigkeiten bereiten.

„Im gegenwärtigen Umfeld ist es schwierig, über die Aussichten für die Entwicklung des Banken-Business in der EU zu sprechen: Die Fristen für die Aufhebung der Quarantäne sowie die möglichen Schäden für die Volkswirtschaften mehrerer europäischer Länder sind noch nicht abzuschätzen“, meint auch Michail Doronkin, Direktor für Bankenrating der NKR-Agentur. Nach seiner Prognose sei mindestens für mehrere Monate mit einem spürbaren Rückgang der Nachfrage nach Bankprodukten und -dienstleistungen zu rechnen.

Dem Präsidenten der Sberbank, German Gref, zufolge, hätten seine Analysten mehrere Szenarien von Stresstests untersucht, um zu überprüfen, wie ein Kreditinstitut den Folgen der Verbreitung von COVID-19 standhalten kann. Als negatives Szenario wurde eine Situation in Betracht gezogen, in der der Ölpreis auf weniger als 20 Dollar pro Barrel fallen und der Dollar 100 Rubel kosten würde. Auch bei einer solchen Entwicklung werde die Sberbank nicht nur funktionsfähig sein, sondern auch profitabel bleiben, betonte German Gref.

[hrsg/russland.NEWS]

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