Russlands Steuerbehörden können Einnahmen auf der ganzen Welt nachverfolgen

Russlands Steuerbehörden können Einnahmen auf der ganzen Welt nachverfolgen

Russen müssen vor dem 30. April ihre Einkommenserklärungen für 2018 einreichen. Nicht jeder ist dazu verpflichtet. Die russische Steuerbehörde FTS bittet alle die, deren Steuern automatisch berechnet und vollständig abgebucht wurden, sich keine Sorgen zu machen.

Neben Regierungsbeamten und Abgeordneten, privaten Notaren und Rechtsanwälten müssen Einzelunternehmer, die sich für das allgemeine Steuersystem entschieden haben (13 Prozent Steuern auf die Differenz zwischen den Erträgen aus Tätigkeiten und den damit verbundenen Aufwendungen), eine Steuererklärung ausfüllen und einreichen. Ebenso Menschen, die eine Immobilie steuerfrei verkauft oder vermietet, die in der Lotterie oder im Glücksspiel gewonnen haben oder teure Geschenke erhielten.

Dies gilt ebenso für in Russland ansässige Steuerpflichtige (mindestens 183 Tage pro Jahr im Land), die im Ausland Einnahmen erzielten. Zu den zu deklarierenden Einkünften zählt auch der Wert einer Immobilie, die man unentgeltlich – zum Beispiel im Rahmen einer Schenkungsvereinbarung – von einer Person erhalten hat. Geschenke von nahen Verwandten sowie alle Geschenke bis zu 4.000 Rubel, die man seit mehr als drei Jahren (in einigen Fällen mehr als fünf Jahre) besitzt, unterliegen nicht der persönlichen Einkommenssteuer. Wenn die Immobilie zu einem geringeren als dem Kaufpreis verkauft wird, muss die Steuer nicht gezahlt werden. Sie müssen jedoch eine Erklärung mit den Unterlagen zur Bestätigung der Preisdifferenz einreichen.

Für das Jahr 2018 haben 7,4 Millionen Menschen ihre Einkommensteuererklärungen eingereicht. Dreiviertel von ihnen konnten Steuerabzüge geltend machen. Die Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet den Steuerpflichtigen nicht zur sofortigen Zahlung der Steuer – das kann bis zum 15. Juli 2019 erfolgen.

Im vergangenen Jahr hat die FTS erstmals persönliche Daten aus Steuererklärungen in den Bestand der jährlichen Meldungen aufgenommen, die zur Zahlung von Vermögens-, Grund- und Verkehrssteuern verwendet werden. Aus unbekannten Gründen hatten die Steuerbehörden diese Daten 2016 und 2017 nicht in ihre Berechnungen einbezogen.

Für diejenigen, die ihre Erklärungen noch ausfüllen müssen, hat die FTS die Vorgaben vereinfacht. Ein im Oktober genehmigtes neues Formular hat nur noch 13 statt 20 Seiten.

Die Zahl der zu beachtenden Kategorien hat sich fast halbiert. Man kann die Erklärung persönlich, per Post oder über sein Konto auf der FTS-Website einreichen. Der bequemste Weg für die Ausfüllung der Erklärung ist die Verwendung eines speziellen Programms, das kostenlos von der Website der Steuerbehörde heruntergeladen werden kann. Experten zufolge soll dieser Prozess etwa 20 bis 30 Minuten dauern.

In einigen Fällen kann der Einkommensteuersatz von den üblichen 13 Prozent abweichen. Wenn man zum Beispiel Dividenden von Gebietsfremden erhält, sind 15 Prozent fällig. Wer in der Lotterie gewinnt zahlt 35 Prozent. Seit 2019 gilt der Vorteil, nach drei oder fünf Jahren Immobilienbesitz keine Einkommensteuer zahlen zu müssen, auch für Einkünfte aus dem Verkauf von Immobilien, die eine Person für geschäftliche Aktivitäten genutzt hat.

Dieser Vorteil wird im Jahr 2020 für Steuerzahlungen ohne Abgabe einer Erklärung zur Verfügung stehen. Die FTS überwacht Immobilienverkäufer ziemlich genau, da viele von ihnen versuchen, den Steuerbetrag zu senken, indem sie den Geldwert der Transaktion niedriger ansetzen. In diesem Fall wird eine zusätzliche Steuer auf der Grundlage des Marktwerts der Immobilie erhoben.

Häufig erhalten die Bürger Geld für ihre Arbeit oder Dienstleistungen auf einer Bankkarte.   Russen haben Daten der Zentralbank zufolge im Jahr 2018 etwa 27,4 Billionen Rubel von Karte zu Karte transferiert. Es gibt regelmäßig Gerüchte, dass die Behörden die Kontrolle über solche Überweisungen verschärfen werden. Sie werden alle Einzahlungen auf ein Konto oder eine Karte als Einkommen betrachten oder die Bestätigung verlangen, dass es sich bei dem erhaltenen Geld nicht um Einkommen handelt. „Das ist nicht wahr“, versichert der Vertreter des FTS. Ihm zufolge, haben die Steuerbehörden zwar seit 2014 das Recht, von Banken Informationen über Konten, Einlagen und elektronische Geldbörsen von Bürgern anzufordern. Allerdings nur, wenn es eine Steuerprüfung gibt und die Anfrage mit einer höheren Steuerbehörde abgestimmt ist.

Russische Banken benachrichtigen Rosfinmonitoring automatisch über alle Überweisungsvorgänge von mehr als 600.000 Rubel, die wiederum bei Bedarf die Steuerbehörde darüber informiert. Informationen über kleinere Rubelbeträge werden von den Banken nur auf Anfrage bereitstellt.

Seit 2015 hat das FTS begonnen, die Einkommen genau zu überwachen, auf die Bürger keine Einkommenssteuer zahlen. Gründe für Anfragen gibt es viele, auch der Verkauf von Kuchen über soziale Netzwerke. Die Steuerbehörden überwachten bei Vkontakte die Gruppe „Waren auf Bestellung“ und fanden diejenigen, die Anzeigen für den Verkauf von Waren veröffentlichten. Zudem wurden Käufer befragt, die bestätigten, dass sie per Karte Geld für die Waren überwiesen hätten. Ein Kleinunternehmer, dem bewiesen wurde, seine Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb nicht zu versteuern, musste fast 850.000 Rubel (etwa 11.800 Euro) zahlen.

Mit neuen Instrumenten kontrolliert die FTS die Einkommen der Bürger aus von ihnen kontrollierten ausländischen Unternehmen (CFC).  Die Steuerbehörde betrachtet ein Unternehmen, an dem eine Person mehr als 25 oder 10 Prozent besitzt, als kontrolliert, wenn mehr als die Hälfte des Unternehmens in Russland Steuerpflichtigen gehört. Im Jahr 2018 reichten 386 Personen Steuererklärungen mit CFC-Einnahmen ein, sagte ein FTS-Vertreter. Der Gewinn aus einer CFC wird bei der Bestimmung der Steuerbemessungsgrundlage berücksichtigt, wenn er 10 Millionen Rubel (etwa 139.000 Euro) übersteigt. Wenn der Betrag niedriger ist, entfallen real zu zahlende Steuern.

Es ist für die Ermittler immer einfacher, diejenigen zu finden, die sich verstecken wollen. Zum ersten Mal 2018 erhielt die FTS automatisch Informationen über ausländische Vermögenswerte von Russen im Jahr 2017 in 58 Ländern. Mit den neuen Daten will die FTS 10 bis 15 Prozent der Unstimmigkeiten Diskrepanzen in den Berichten der Steuerzahler aufklären. Die russischen Steuerbehörden können inzwischen die Echtheit und Vollständigkeit der von natürlichen Personen dargestellten Fakten überprüfen. Nachfragen und Überprüfungen sollen stark angestiegen sein. Die FTS erhält in Russland Informationen vom Katasteramt, der Verkehrspolizei und anderen Registrierungsbehörden und kann damit kontrollieren, ob eine Person Steuern gezahlt hat.

Wenn die Erklärung verspätet oder nicht abgegeben wird, wird dem Steuerpflichtigen eine Strafe in Höhe von 5 Prozent der unbezahlten Steuer für jeden Monat Verspätung auferlegt – jedoch nicht mehr als 30 Prozent der Unterzahlung aber nicht weniger als 1000 Rubel. Wurde Einkommen zu niedrig angegeben oder verschwiegen, beträgt die Geldstrafe 20 Prozent des Betrages. Um Geldstrafen zu vermeiden, gibt es die Möglichkeit Null-Steuererklärungen abzugeben und später eine überarbeitete Version nachzureichen.

Alle, die Einkommensteuer zahlen und mindestens 183 Tage im Jahr in Russland leben, haben das Recht, beim Kauf eines Hauses, bei sozialen Problemen oder Investitionen einen Steuerabzug zu erhalten. Neben Steuererleichterungen beim Kauf von Immobilien oder Hypotheken können Kosten für medizinische Behandlungen und Medikamente, Studiengebühren, Führerscheinerwerb oder Sprachkursen geltend gemacht werden. Ab 2020 kommen auch Sportfans in die Gunst der Steuerabsetzbarkeit. Die angegebenen Gesamtausgaben sollten 120.000 Rubel (etwa 1.666 Euro) pro Jahr nicht überschreiten. Somit kann jeder offiziell beschäftigte Russe maximal 15.600 Rubel (etwa 217 Euro) zurückerhalten. Es gibt Ausnahmen wie hohe medizinische Kosten für Tumoroperationen, Transplantationen und Behandlungen nach schweren Verbrennungen.

Im Jahr 2018 forderten Russen in 45 Prozent aller Erklärungen einen Abzug bei der Grundsteuer, 27,4 Prozent bei sozialen Aufwendungen und 0,6 Prozent bei Investitionskosten. Wie ein Vertreter der FTS mitteilte, steige die Zahl der Bürger, die ihn in Anspruch nehmen, jedes Jahr.

In Moskau, der Region Moskau, Tatarstan und Kaluga findet gerade ein Test mit einer neuen beruflichen Einkommenssteuer statt, die anstelle der persönlichen Einkommenssteuer gezahlt werden kann. Im Februar beauftragte der erste stellvertretende Ministerpräsident Anton Siluanov das Finanzministerium und die FTS, sich auf die Ausweitung des Systems auf alle Regionen ab 2020 vorzubereiten.

Die FTS hat eine spezielle Anwendung namens „Meine Steuer“ entwickelt. Menschen mit einem Einkommen von bis zu 2,4 Millionen Rubel (etwa 33.000 Euro) pro Jahr können dieses System nutzen. Für die Registrierung erhalten Selbständige einen Steuerabzug von 10.000 Rubel vom Staat, die zur Steuerzahlung verwendet werden können.

[hub/russland.NEWS]

Kommentare