Nord Stream 2: Berlin prüft US-Vorschlag eines „Abschaltmechanismus“ in KrisenzeitenFoto © Nord Stream 2/Axel Schmidt

Nord Stream 2: Berlin prüft US-Vorschlag eines „Abschaltmechanismus“ in Krisenzeiten

Deutsche Behörden erörtern die Idee, die Gaspipeline Nord Stream 2 mit einem Abschaltmechanismus auszustatten, berichtet die Wirtschaftswoche unter Berufung auf eine Quelle im deutschen Außenministerium. „So könnte die Gasversorgung von deutscher Seite aus unterbrochen werden, wenn Russland versucht, die Ukraine zu erpressen, indem es die Lieferungen durch sie drosselt“.

Ein solcher Mechanismus, so die Quelle, würde es dem Kreml praktisch unmöglich machen, Nord Stream 2 als Hebel zur Beeinflussung Kiews zu nutzen, was eine wichtige Forderung der USA ist. Zuvor hatte das Handelsblatt berichtet, die Vereinigten Staaten hätten ihre Bereitschaft angekündigt, Verhandlungen über die Beendigung ihrer Sanktionen gegen Nord Stream 2 aufzunehmen, wenn Deutschland eine Reihe von Bedingungen erfüllt. „Die Deutschen müssen eine Paketlösung anbieten. Andernfalls können wir das Thema Nord Stream 2 nicht von der Tagesordnung streichen“, heißt es in dem Artikel. Laut Handelsblatt sind die Amerikaner an einem Mechanismus interessiert, der den Betrieb von Nord Stream 2 stoppen kann, wenn die Transitlieferungen durch die Ukraine reduziert werden.

Weder Bundeskanzlerin Angela Merkel noch Bundesaußenminister Heiko Maas sind bereit sind, sich aus dem Projekt zurückzuziehen. Nach öffentlich bekundeten Bedenken aus Frankreich hat sich inzwischen Präsident Emmanuel Macron wieder der Position Deutschlands angenähert. Der Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses des Bundestages, Norbert Röttgen, forderte anstelle von Sanktionen ein Moratorium für Nord Stream 2, schlug er im Deutschlandfunk vor. „Wenn ein internationales Abkommen die Möglichkeit ausschließen könnte, die Pipeline als geopolitische Waffe gegen die osteuropäischen Länder einzusetzen, wäre es möglich, im Bereich der Energiepolitik mit Russland zusammenzuarbeiten.“

Gestern äußerte sich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu den Baustoppforderungen der fast fertigen Gaspipeline. „Nach der nachhaltigen Verschlechterung der Beziehungen in den vergangenen Jahren sind die Energiebeziehungen fast die letzte Brücke zwischen Russland und Europa. Beide Seiten müssen sich Gedanken machen, ob man diese Brücke vollständig und ersatzlos abbricht. Ich finde: Brücken abzubrechen, ist kein Zeichen von Stärke. Wie sollen wir auf einen Zustand, den wir als nicht hinnehmbar empfinden, noch Einfluss nehmen, wenn wir letzte Verbindungen kappen?“

Der Bau von Nord Stream 2 wurde im Dezember 2019 aufgrund von US-Sanktionen ausgesetzt. Die Verlegung wurde ein Jahr später fortgesetzt. Am 21. Januar verabschiedete das Europäische Parlament eine Resolution, in der ein Baustopp für Nord Stream 2 aufgrund der Verhaftung des Oppositionspolitikers Alexei Nawalny gefordert wird. Nach neuesten Informationen hat das russische Verlegeschiff Fortuna nach erfolgreichen Verlegetests die Arbeiten in dänischen Gewässern heute wieder aufgenommen, teilte der der Projektbetreiber am Samstagabend mit.

[hrsg/russland.NEWS]

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