In Zeiten der Selbstisolation arbeiten die meisten Unterhemen online und schicken ihre Mitarbeiter ins Homeoffice. Sämtliche Konferenzen finden per Skype oder Zoom statt, aus Seminaren werden Webinare. Doch darf man jede Veranstaltung im Internet als Webinar bezeichnen? Hier scheint es juristische Unklarheiten zu geben.
Das Wort „Webinar“ ist als Marke beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) seit Juli 2003 registriert. Der Markeninhaber ist Mark Keller mit Anschrift in Kuala Lumpur (Malaysia).
Keller hat das Wort „Webinar“ in Bezug auf eine Reihe von Leistungen der Klassen 35, 38 und 41 registriert. Insbesondere hat er das Monopol auf die Benutzung dieser Marke in Bezug auf die Übermittlung von Informationen im Internet, die Präsentation von Unternehmen im Internet und in anderen Medien sowie auf die Durchführung von Seminaren, Veranstaltungen und Konferenzen erhalten.
Die Benutzung der Marke in Bezug auf registrierte Waren und Leistungen ohne Zustimmung des Rechteinhabers ist gesetzwidrig. Das bedeutet, dass, falls jemand ein Online-Seminar oder eine Konferenz mit der Bezeichnung „Webinar“ in Deutschland durchführen will und ein solches Angebot ohne die Zustimmung von Keller veröffentlicht, er Markenrechte verletzt. Dem Verbot unterliegen jegliche Veranstaltungen dieser Art mit der Bezeichnung „Webinar“ mit Ausnahme von rein privaten (persönlichen, familiären) Versammlungen.
Der Markenrechtsinhaber kann von der verletzenden Partei die Erstattung von Verlusten geltend machen. Gemäß Mitteilung der Industrie- und Handelskammer (IHK) haben ihre Mitglieder bereits entsprechende Abmahnungen wegen Markenrechtsverletzungen erhalten.
Wenn es zu einer Gerichtsverhandlung kommt, ist nicht auszuschließen, dass die Organisatoren von „Webinaren“ versuchen, den Markenschutz anzufechten. Gemäß dem Markengesetz muss ein Markeninhaber, der gegen einen Markenrechtsverstoß vorgehen will, dokumentieren, dass er seine Marke in Bezug auf die in der Klage aufgeführten Waren und Leistungen im Laufe der letzten fünf Jahre verwendet hat.
Es ist somit zweifelhaft, dass das Monopol auf das Wort „Webinar“ vor Gericht standhält, da bis vor kurzem keine Ansprüche seitens des Markeninhabers bekannt waren. Wenn jedoch Keller die Nutzung seiner Marke nachweist, müssen Organisatoren und Teilnehmer an Internet-Seminare und -Versammlungen in Deutschland in Zukunft ein anderes Wort für die Bezeichnung ihrer Aktivitäten verwenden oder Lizenzgebühren an den Markeninhaber zahlen.
Jede Marke muss eine Unterscheidungsfähigkeit haben, eine Marke muss von Verbrauchern mit einem Unternehmen oder einer Person in Verbindung gebracht werden. Die Verwendung des Worts „Webinar“ ist so massenhaft geworden, dass dieses Wort nun bereits als die Bezeichnung einer Leistung oder eine Art eines Seminars gilt und nicht als Marke eines bestimmten Inhabers.
Dieser Umstand kann Keller möglicherweise daran hindern, ein gerichtliches Verbot und Ansprüche gegen verletzende Parteien zu erwirken. Fälle des Verlusts der Unterscheidungsfähigkeit einer Marke wegen deren massenhaften Verwendung sind sehr selten, so dass diese Situation ein Einzelfall ist.
In Russland ist das Wort „Webinar“ als Marke einer russischen Gesellschaft seit 2010 registriert. Die Registrierung in Russland schützt eine Reihe von Waren und Leistungen einschließlich Beratungsleistungen und Werbung. Informationen über Streitigkeiten in Bezug auf diese Marke in Russland sind noch nicht bekannt.
Alexey Fedoryaka
Associate Partner
Leiter Prozessrecht
OOO Rödl & Partner
Kommentare