Externe Verwaltung: Anfang der Verstaatlichung?Maria Kirilova

Externe Verwaltung: Anfang der Verstaatlichung?

Das russische Wirtschaftsministerium bereitet einen viel diskutierten Gesetzentwurf über die Einführung externer Verwaltung bei Unternehmen mit ausländischer Beteiligung vor. Was bedeutet das für internationale Geschäfte in Russland? russland.NEWS sprach mit einer Expertin.

In Bezug auf welche Unternehmen kann eine externe Verwaltung eingeführt werden? Und nach welchen Kriterien werden Unternehmen überhaupt ausgewählt?

Der Gesetzentwurf ruft intensive Diskussionen sowohl bei staatlichen Behörden hervor, die aktiv ihre Kommentare und Vorschläge äußern, als auch in der Geschäftswelt, vor allem unter Gesellschaften mit ausländischer Beteiligung. Es gibt Meinungen, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen der erste Schritt in der Richtung einer Verstaatlichung ausländischer Unternehmen ist, dies scheint jedoch nicht völlig korrekt zu sein. Dennoch ist die internationale Geschäftswelt sehr misstrauisch in Bezug auf dieses Dokument, obwohl der Gesetzentwurf (zumindest zum aktuellen Zeitpunkt) nicht alle ausländischen Unternehmen als solche betrifft, sondern nur Organisationen, die bestimmten Kriterien entsprechen.

Das erste Kriterium ist der Anteil kontrollierender ausländischer Personen. Gemäß dem Gesetzentwurf kann die externe Verwaltung in Unternehmen eingeführt werden, bei denen ausländische Personen direkt oder indirekt mindestens 25 Prozent der stimmberechtigten Aktien (Anteile) halten bzw. als kontrollierende Personen auftreten (gegen die Verwendung dieses Begriffs hat die russische Zentralbank Einwendungen vorgebracht). Der Russische Industrie- und Unternehmerverband (RSPP) hat vorgeschlagen, diesen Wert zu verdoppeln, denn der Besitz von einem Anteil von weniger als 50 Prozent am Stammkapital der Gesellschaft gestattet es dem Gesellschafter in der Regel nicht, die Geschäftstätigkeit des Unternehmens zu behindern. Außerdem schafft der im Gesetzentwurf vorgeschlagene Grenzwert nach Ansicht des RSPP Risiken für russische Gesellschafter, falls eine ausländische Person, die weniger als 50 Prozent der Anteile am Stammkapital hält, irgendwelche unfreundlichen Handlungen vornimmt.

Für die Einführung der externen Verwaltung ist auch der Bilanzwert des Vermögens der Organisation von Bedeutung, der eine Milliarde Rubel übersteigen muss, sowie die durchschnittliche Mitarbeiterzahl (über 100 Personen). In Bezug auf Unternehmen, die diesen Kriterien entsprechen, kann jedoch die externe Verwaltung nur beim Vorliegen bestimmter Gründe (wie die faktische Einstellung der Leitung der Tätigkeit des Unternehmens eingeführt werden) ernannt werden. Als weiterer Grund gilt die Vornahme von Handlungen wie der öffentlichen Ankündigung der Einstellung der Tätigkeit des Unternehmens bei Fehlen offensichtlicher wirtschaftlicher Gründe dafür, die Kündigung von Verträgen, die für die Ausübung der Tätigkeit des Unternehmens von wesentlicher Bedeutung sind, bzw. die Ankündigung der Entlassung von mehr als ein Drittel der Mitarbeiter.

Es gibt Vermutungen, dass das Gericht berechtigt sein wird, die staatliche Gesellschaft VEB.RF als externer Verwalter zu bestellen. Wie genau muss man sich das in der Praxis vorstellen?

Die Funktionen der externen Verwaltung werden gemäß dem Gesetzentwurf tatsächlich der VEB.RF und in Bezug auf Finanzorganisationen der staatlichen Gesellschaft „Agentstwo po strachowaniju wkladow“ (Agentur zur Einlagensicherung) übertragen, vertreten durch auf Grundlage einer Vollmacht handelnde Mitarbeiter dieser Gesellschaften. Es wird angenommen, dass die Auswahl bestimmter Personen für die Ausübung solcher Funktionen auf ihrer Kompetenz und den Besonderheiten der Unternehmen, in Bezug auf die eine externe Verwaltung eingeführt wird, beruhen wird. Über die Hinzuziehung bezeichneter staatlicher Gesellschaften wird das Gericht auf Antrag eines Mitglieds des Aufsichtsrates der Gesellschaft, des Föderalen Steuerdienstes Russlands bzw. der Person, die die externe Verwaltung früher ausübte (falls diese wiederholt bestellt wird), entscheiden. Der Föderale Steuerdienst hat dabei vorgeschlagen, nicht nur die VEB, sondern auch „andere Personen“ mit der externen Verwaltung zu beauftragen, denn die Anzahl der Firmen, in Bezug auf die die externe Verwaltung eingeführt wird, ist nicht klar, und in einzelnen Branchen ist die Hinzuziehung professioneller Geschäftsführer notwendig.

Verstehe ich es richtig, dass der Gesetzentwurf eigentlich nur den Verkauf des Geschäfts innerhalb kurzer Frist vorsieht?

Ja. Aktuell ist die relativ schnelle Ersetzung des Vermögens der Organisation, also die Errichtung einer neuen Gesellschaft auf der Basis des Vermögens des Unternehmens, deren Anteile (Aktien) danach versteigert werden, die einzige Option bei der Einführung der externen Verwaltung. Es gibt jedoch Vorschläge über die Einführung alternativer Optionen: So hält der RSPP es für notwendig, die Möglichkeit der Übertragung der Geschäftsführung auf russische Miteigentümer oder Partner für die Dauer von bis zu zwei Jahren im Gesetzentwurf vorzusehen, und der Föderale Steuerdienst sprach sich für die Verwendung eines Mechanismus der treuhänderischen Verwaltung durch die Übergabe von Aktien und Anteilen von Gesellschaften mit ausländischer Beteiligung an Russland aus, das durch eine Verwaltungsgesellschaft vertreten wird, und zwar für die Dauer von einem Jahr mit der Möglichkeit der Verlängerung durch ein Gericht. Die Zentralbank Russlands hat sich ebenfalls für die Notwendigkeit der Erweiterung der Flexibilität der externen Verwaltung ausgesprochen. Da der Entwurf aktuell erst besprochen wird, kann nicht ausgeschlossen werden, dass die endgültige Fassung neben dem Verkauf des Geschäfts auch andere Optionen vorsehen wird.

Bedeutet das Gesetz, dass überhaupt keine Unternehmen mit ausländischen Beteiligungen auf dem russischen Markt bleiben werden?

Das Inkrafttreten eines solchen Gesetzes wird höchstwahrscheinlich zur Verringerung des Anteils ausländischer Investoren in Russland führen. Dennoch erfüllen nicht alle ausländischen Gesellschaften die für die Einführung der externen Verwaltung notwendigen Kriterien. So kann damit gerechnet werden, dass ein Teil von Unternehmen mit ausländischen Beteiligungen, vor allem kleinere und mittelständische Unternehmen, ihre Tätigkeit in der Russischen Föderation fortsetzen wird.

Kann das Gesetz über die externe Verwaltung bei Unternehmen mit ausländischer Beteiligung als erster Schritt zur Abschaffung der Marktwirtschaft durch staatliche Planung betrachtet werden?

Wie bereits erwähnt, gibt es tatsächlich eine solche Meinung. Man wird jedoch verstehen müssen, dass der Gesetzentwurf in erster Linie ausländische Gesellschaften betrifft, die planen, den russischen Markt zu verlassen, bzw. dies bereits getan haben. Laut den Erklärungen der russischen Regierung werden diese Maßnahmen Gesellschaften mit ausländischer Beteiligung, die ihre Tätigkeit im Land fortsetzen, nicht betreffen. Wir hoffen, dass dies tatsächlich so sein wird.

Maria Kirilova,

Rödl & Prantner, Moskau

Kommentare