Das Parlament Dänemarks will am 30. November ein Gesetz annehmen, das der Regierung das Recht gibt, Projekte in dänischen Territorialgewässern nicht nur aus ökologischen Gründen zu verbieten, wie sie es jetzt schon kann, sondern auch bei einer Bedrohung der staatlichen Sicherheit.
Das berichtet die Zeitung Iswestija unter Berufung auf Abgeordnete dreier Parlamentsparteien des Landes. In Kopenhagen macht man keinen Hehl daraus, dass der neue Gesetzentwurf de facto gegen das große Energieprojekt Russlands in Europa — die Gasleitung «Nord Stream-2» – gerichtet ist, die unter anderem durch die Territorialgewässer Dänemarks führen soll. Aus dem Pipeline-Konsortion hieß es, man sei über die Position Kopenhagens beunruhigt. Jedoch werde das neue Gesetz die Realisierung des Projektes nicht stoppen, sondern nur zwingen, die Route zu ändern.
Bislang darf das dänische Ministerium für Energie und Umwelt Pipeline-Projekte, die durch das Territorium Dänemarks verlaufen, nur aus ökologischen Gründen ablehnen. Die Regierung des Landes hat nun eine Gesetzesinitiative auf den Weg gebracht, die es ermöglichen soll, derartigen Projekten zu widersprechen, wenn sie die Sicherheit Dänemarks gefährden und im Widerspruch zu den Interessen seiner Außen- und Verteidigungspolitik stehen.
Mehrheit für Gesetz scheint sicher
„Bislang gab es nur die erste Lesung des Gesetzentwurfes, weitere zwei folgen noch. Aber die überwiegende Mehrheit der Abgeordneten unterstützt die Initiative, und deshalb wird das Gesetz angenommen werden“, sagt der Stellvertretende Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses im dänischen Parlament, Nick Hekkerup, von der oppositionellen sozialdemokratischen Partei.
Die Schlussabstimmung ist für den 30. November geplant, erklärt Michael Aastrep Jensen von der regierenden Liberalen Partei. Damit könnte das Gesetz Anfang des neuen Jahres in Kraft treten.
Klar ist, dass das Gesetzentwurf einen rein politischen Hintergrund hat und in erster Linie gegen das Projekt «Nord Stream-2» — eine Erdgasleitung auf dem Grund der Ostsee aus Russland in das deutsche Greifswald – gerichtet ist, das von Gazprom, dem französischen Unternehmen Engie, der österreichischen OMV, der deutsch Uniper und dem britisch-holländischen Unternehmen Royal Dutch Shell finanziert wird.
Die einzige dänische Partei, die nicht grundsätzlich gegen den Bau der Gasleitung auftritt, ist die rechtsgerichtete Dänische Volkspartei (DF), die der regierenden Koalition angehört. Trotzdem will auch sie den Gesetzentwurf unterstützen, bestätigt die Verteidigungsexpertin der DF, Marie Krarup. Dänemark müsse das Recht haben, „ja“ oder „nein“ zu sagen, wenn etwas auf seinem Territorium gebaut wird.
„In Dänemark ist, wenigstens unter den Politikern, noch aus den Zeiten des kalten Krieges die Angst vor Russland vorhanden. Ich denke, das Parlament wird den Bau des Projektes in den dänischen Territorialgewässern hemmen. Wobei Dänemark nicht in der Lage ist, «Nord Stream-2» vollständig zu blockieren, kann aber seine Führung zwingen, die Route zu ändern“, meint die frühere Botschaftsmitarbeiterin in Moskau und stellvertretende Verteidigungsministerin.
Gaslieferungen nach Dänemark gehen weiter
Wie die Streckenführung der künftigen Gasleitung geändert werden könnte, war aus dem Unternehmen «Nord Stream-2» bislang nicht zu erfahren. Jedoch räumt der Sprecher der Nord Stream AG, Jens Müller, ein, dass man die Ereignisse in Dänemark aufmerksam verfolge und mögliche Alternativen durchdenke.
„Jeder Hersteller in einer solchen Situation gezwungen, alle Ersatzvarianten zu bedenken. Bislang dauern die Überlegungen an und es ist zu früh, über die Details zu reden“, erklärte Müller.
Eine der Varianten, glauben die Experten, ist die Verlagerung der Streckenführung der Pipeline aus den dänischen Territorialgewässern in die ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ), wo für alle Staaten das Recht der Hohen See gilt und Kopenhagen nach dem internationalen Seerecht derartige Projekte nicht verhindern kann.
Moskau hat sich bisher nicht zu möglichen Gegenmaßnahmen im Falle der Annahme dieses offensichtlich gegen Russland gerichteten Gesetzes geäußert. Das Abkommen Dänemarks mit Gazprom über Gaslieferungen bis 2027 zu kündigen oder den Preis für den Brennstoff einseitig zu erhöhen, sei dabei keine Option, hieß es aus Gazprom-Kreisen.
„Der Gaspreis wird nach einer speziellen Formel gebildet, die im Vertrag festgeschrieben ist. Er hängt unter anderem vom Gaspreis auf den europäischen Märkten und den Liefermengen ab“, erläutert der Unternehmenssprecher.
Versuche, das Projekt zu kippen, gab es auch in Schweden, durch deren Gewässer «Nord Stream-2» ebenfalls verläuft. Aber die Schweden fanden keine Möglichkeit, den Bau zu verhindern. Auch die Länder Osteuropas und des Baltikums äußerten ihre Befürchtung, dass die Realisierung des Projektes nicht nur das russische Gasmonopol, sondern auch die Abhängigkeit der Reihe europäischer Länder von Deutschland verstärken wird, das quasi am Gashahn für Europa sitzt. Auch die Europäische Kommission versuchte, den Bau einer zweiten Pipeline auf dem Grund der Ostsee zu verhindern, aber in der vorigen Woche musste Wettbewerbskommissarin Margret Westager anerkennen, dass Brüssel keine rechtliche Handhabe hat.
[hh/russland.NEWS]
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