Auch Behörden gegen Müllentsorgung von Moskau nach Archangelsk

Auch Behörden gegen Müllentsorgung von Moskau nach Archangelsk

Nicht nur öffentliche Aktivisten sind gegen die Vergrabung von Müll-Pellets aus Moskau in der Region Archangelsk. Auch die russischen Behörden Rosprirodnadzor (Naturschutz), Rostechnadzor (technische Zulassung), Rosvodresursov (Wasserschutz) und die lokalen Behörden haben diverse Fragen zu dem begonnenen Bau. Die Verwaltung des nächstgelegenen Dorfes will die bereits errichteten Strukturen abreißen lassen.

Die Moskauer Regierung und der Gouverneur der Region Archangelsk, Igor Orlov, gaben im Herbst die Gründung des Umwelttechnologie-Parks Schies bekannt und unterzeichneten dazu eine Investitionsvereinbarung. Moskau wird Siedlungsabfälle nach Lyubertsy bringen, zerkleinern, sortieren, zu Pellets komprimieren, in Folie verpacken und per Bahn nach Schies schicken, heißt es in der Präsentation des Investitionsprojekts (veröffentlicht auf dem Investitionsportal der Region).  Abfälle sollen dort nur gesammelt werden, später wird das Land wieder rekultiviert. Die Investitionen werden auf 10,5 Milliarden Rubel geschätzt.

Bisher gab es keine Baugenehmigung, keine öffentliche Diskussion, sagte ein Beamter der Verwaltung des Gebiets Archangelsk. Es gibt einen Rahmenvereinbarung und die Kostensumme. Aber der Investor hat den Bau bereits auf eigenes Risiko begonnen und erwartet, dass das Projekt alle Genehmigungen erhält, beschwert er sich. Das Objekt ist nicht in das territoriale System der Abfallwirtschaft der Region einbezogen, so der Beamte.

Dieses Vorgehen Arbeiten führten zu Klagen der Verwaltung von Urdoma gegen die Investoren. Rostechnadzor hat dieselben Vorwürfe vorgetragen.  Aber die Gerichte lehnten sowohl die Klagen der lokalen Behörden als auch die der Kontrolleure ab: Bisher werden keine technischen Anlagen gebaut, sondern nur Möglichkeiten für die Be- und Entladung, und für sie ist keine Genehmigung erforderlich.

Im Mai wird Urdoma versuchen, die Entscheidung in einem Berufungsverfahren anzufechten. Rostechnadzor hält die Situation für beendet, sagte ein Vertreter des Dienstes.

Die Naturschutzbehörde Rosprirodnadzor wollte die Moskapremont LLC (im Bauwesen tätig, 100prozentig im Besitz der Stadt Moskau und dem Ministerium für Wohnungswesen und Kommunalwirtschaft unterstellt) für das Bohren von Wasserbrunnen ohne eine gültige Lizenz mit 800.000 Rubel bestrafen. Das Gericht erkannte die Zuwiderhandlung an, reduzierte aber die Geldstrafe um die Hälfte.

Das Grundstück auf dem gebaut werden soll, gehört dem Staat, wurde jedoch laut Gerichtsakten an die Russische Eisenbahn verpachtet.  Ein Teil des Territoriums, das von der Russischen Eisenbahn gepachtet wurde, wurde untervermietet, sagte ein Vertreter des Unternehmens. Zuerst wurde das Grundstück an die staatliche Autobahnbehörde (ebenfalls im Besitz des Moskauer Ministeriums für Wohnungswesen und Kommunalwirtschaft) und dann an den „Technopark“ übergeben. Gemäß dem Vertrag kann das Gebiet für Lade- und Entladevorgänge genutzt werden, bestätigt der Vertreter der Russischen Eisenbahn.

Die Region Archangelsk wird jährlich 500.000 Tonnen Moskauer Müll erhalten, heißt es in der Präsentation.  In der Zielvorgabe der Projektdokumentation für Schies schreibt „Technopark“ allerdings über etwa 2,3 Millionen Tonnen nicht wiederverwertbaren Abfalls pro Jahr, so Wedomosti, der eine Kopie des Dokuments vorliegt.

Das Problem ist, dass sich das für den Bau ausgewählte Gebiet innerhalb der Grenzen eines Trinkwasserschutzgebietes befindet, urteilt die Wasserschutzbehörde Rosvodresursy. Der Bau einer Abfallentsorgungsanlage an einem solchen Ort verstößt gegen die gesetzlichen Anforderungen und führt zu einer mikrobiellen oder chemischen Verschmutzung.

Dem Schreiben von Rosvodresurs zufolge sollte das Projekt Schies stillgelegt werden, die gebauten Strukturen demontiert und nach Moskau zurückgebracht werden, sagt Alexei Kiselev, ein Müll-Experte von Greenpeace. Der Standort fällt in den Bereich des sanitären Schutzes der Trinkwasserversorgung, so dass keine Entsorgung von Hausmüll in Frage kommt, erklärt der Ökologe. Das Unternehmen geht davon aus, die Anhörungen abschließen zu können und alle erforderlichen Genehmigungen spätestens Ende 2019 zu erhalten. Auf eine Anfrage von Wedomosti hat Technopark nicht reagiert.

Solche Projekte werden zunächst in der Öffentlichkeit diskutiert und dann von Fachleuten aus den staatlichen Behörden geprüft.  Und dann wird es möglich sein, das Projekt zu bewerten, sagt Pavel Besshapov, Präsident der Abfallwirtschaft. Die russische Umweltgesetzgebung sei im Allgemeinen eine der strengsten der Welt, die Genehmigung der letzten Abfallentsorgungsanlage dauerte mehr als ein Jahr.

Moskau beteiligt sich fast nicht an der getrennten Abfallsammlung, die Müllreform wurde auf 2022 verschoben, so der Vertreter von Greenpeace. Aus der Präsentation des Projekts geht klar hervor, dass man den Müll zuerst mit einem Schredder zerkleinern und dann sortieren will, was nicht nur ineffizient, sondern auch direkt verboten gehört. Seiner Ansicht nach wird viel organisches Material zerkleinert und komprimiert werden, wovon 30 Prozent Haushaltsmüll sind – gemeinsam mit Quecksilberlampen, Autoreifen und anderen gefährlichen Abfälle.

Dann wird der Müll wie Koffer am Flughafen in Folie verpackt – dies ist ein übliches Verfahren für den Transport von Müll, aber er sollte keinesfalls vergraben werden. Diese Ballen werden Löcher bekommen und die Gase, die sich unvermeidlich in den Ballen bilden, werden austreten und es wird viel schlimmer als auf der Deponie Yadrovo in Wolokolamsk kommen, warnt Kiselev. Das Problem des Moskauer Mülls werde nur durch die Verringerung der Menge, die Wiederverwendung, die getrennte Sammlung und die maximale Wiederverwertung gelöst.

[hub/russland.NEWS]

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