Agrarmarkt: Wegen der Maifröste kann ein Notstand in ganz Russland ausgerufen werden

Agrarmarkt: Wegen der Maifröste kann ein Notstand in ganz Russland ausgerufen werden

Landwirtschaftsministerin Oksana Lut erklärte gegenüber der Agentur Interfax, dass bis Ende der Woche eine Entscheidung über die Einführung eines föderalen Notstandsregimes wegen der Maifröste getroffen werden könnte. Nach ihren Worten hat das Landwirtschaftsministerium einen Appell an das Katastrophenschutzministerium gerichtet und wartet auf eine Kommission zu diesem Thema. Am 27. Mai hatte das Ministerium die Einführung der Notstandsregelung auf föderaler Ebene wegen der Frostschäden angekündigt, ohne jedoch ein Datum zu nennen.

Die Fröste Anfang Mai in der Mitte des Landes, die mit dem trockenen Wetter im Süden zusammenfielen, haben dem Agrarmarkt erheblichen Schaden zugefügt: Die Ernte könnte um 10 bis 30 Prozent geringer ausfallen.

Nach den Prognosen des Landwirtschaftsministeriums wird die Getreideernte im Jahr 2024 132 Millionen Tonnen erreichen. Aufgrund der Fröste im Mai meldete das Ministerium das Absterben von Pflanzen auf rund 830.000 Hektar, was etwa 1 Prozent der gesamten Ernte entspricht. In den Schwarzerdegebieten und im Süden Russlands wurde die Erntesituation durch Trockenheit erschwert.

Der Präsident des russischen Getreideverbandes Arkadi Zlochevsky erklärte, dass die Prognose für die Getreideernte Ende 2024 wegen der Maifröste um 16 Millionen Tonnen gesenkt wurde. „Inzwischen haben alle Analysten ihre Prognosen nach unten korrigiert. Bei einem Ertrag von 25,8 Dezitonnen pro Hektar kommen wir auf Basis der aktuellen Anbauflächen auf eine durchschnittliche Schätzung von 129 Millionen Tonnen Bruttoernte.“  Vor dem Temperatureinbruch war man von einer Getreideernte von etwa 145 Millionen Tonnen am Ende dieses Jahres ausgegangen, davon 92,5 Millionen Tonnen Weizen.

Nach Angaben von Oksana Lut hofft das Landwirtschaftsministerium, bis Ende der Woche die Notfallregelung einführen zu können und dann mit den Versicherungsgesellschaften zusammenzuarbeiten, um die Zahlungen an die Landwirte zu leisten, die mehr als 50 Milliarden Rubel, etwa 500 Millionen Euro, verloren haben. Das Landwirtschaftsministerium werde den Zahlungen besondere Aufmerksamkeit widmen. Die Fröste im Mai sollen dem russischen Staatshaushalt einen Schaden von mehr als 100 Millionen Euro verursacht haben.

Im Falle der Einführung des Ausnahmezustands werden Zahlungen „im Rahmen der direkten Kosten für jeden Hektar abgeschriebener toter Kulturen“. Im Falle einer Mehrgefahrenversicherung werde die Abrechnung am Ende der Erntesaison erfolgen, wenn die Ertragsminderung durch die abgestorbenen Kulturen nachgewiesen werden könne.

Auch das Absterben von Obstplantagen wurde registriert. In zehn Regionen Russlands wurde wegen der Fröste bereits der Notstand ausgerufen. Besonders betroffen sind die Regionen Woronesch, Rostow, Tambow, Lipezk und Wolgograd.

Die ersten zehn Tage des vergangenen Monats waren die kältesten in der Geschichte der Wettervorhersagen im europäischen und südlichen Teil des Landes. Meteorologen erklären die Fröste in den russischen Regionen mit dem seltenen Aufeinandertreffen eines Hochs westlich von Moskau und eines Tiefs östlich des europäischen Zentrums Russlands, in Westsibirien. Entlang einer „ultrapolaren Achse“ wurde über der Republik Komi arktische Luft angesaugt und in die südlichen Regionen Russlands verteilt. Zudem begann das Hoch, Luft aus der Stratosphäre aufzunehmen, wodurch die Temperatur weiter sank. Das hydrometeorologische Zentrum Hydromet, spricht von dem „stärksten, langanhaltendsten und intensivsten Zustrom kalter Luftmassen aus den kältesten Regionen des Arktischen Ozeans“.

[hrsg/russland.NEWS]

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