Umweltministerium: Kunststoffe aus dem Verkehr ziehen© Sobirator

Umweltministerium: Kunststoffe aus dem Verkehr ziehen

Es ist noch gar nicht so lange her, da herrschte in Russland ein gewisses Maß an beinahe humoristischer Einstellung zum Thema Klimawandel. Doch jetzt hat der russische Gesetzgeber die Umweltagenda für sich entdeckt. So wird zum Beispiel die Reduzierung der CO₂-Emissionen aktiv diskutiert, um die Geschwindigkeit der globalen Erwärmung zu reduzieren. Ein Grund für diese Hinwendung zum Klimawandel sind auch die Forderungen der westlichen Wirtschaftspartner Russlands. In Europa wird die Frage aufgeworfen, dass Waren, die aus dem Ausland importiert werden sollen, einen niedrigen „Kohlenstoff-Fußabdruck“ haben müssen. Um dies zu erreichen, muss Russland sogar seine Gesetzgebung auf nationaler Ebene vorbereiten.

Heute werden mehr als 90 Prozent des Mülls in Russland nicht recycelt, sondern landen auf Mülldeponien. In diesem Zusammenhang sprach sich der Leiter des Ministeriums für natürliche Ressourcen und Umwelt Alexander Koslow für ein Verbot von Plastikgeschirr aus. Das sollte in zwei Jahren geschehen. Das Ministerium bereitet eine Liste von Waren und Verpackungen aus Kunststoff vor, die nicht recycelt werden können, um in Zukunft ein Verbot für deren Produktion einzuführen.

Es ist notwendig, „Dinge, die wir nicht brauchen“, wie zum Beispiel farbige Kunststoffe, aus dem Verkehr zu ziehen, so der Minister in einem Interview. Dies sind Plastikstrohhalme, Einweggeschirr und Wattestäbchen. „Das Verbot von Plastik ist Teil dieser größeren Strategie, die damit zusammenhängt, sicherzustellen, dass nicht nur schon produzierter Müll ins Recycling geht, sondern auch, dass kein neuer Müll entsteht“, sagte Koslow. Die Abfallwirtschaft soll eine Kreislaufwirtschaft werden. „Unsere Kollegen haben ihre Vorschläge unterbreitet; wir haben dem Premierminister Bericht erstattet, und er hat sie unterstützt. Jetzt werden wir in dieser Hinsicht viel Arbeit leisten – um Gesetze über die erweiterte Verantwortung der Hersteller und über Sekundärrohstoffen vorzubereiten. Das hat es in Russland bisher noch nicht gegeben.“

Die Staatsduma unterstützte die Initiative zum Übergang zur Verwendung umweltfreundlicherer Produkte. Die Regierung geht davon aus, dass die Ergebnisse der Gesetzesreform im Jahr 2024 sichtbar werden und bis zum Jahr 2030 etwa 100 000 neue Arbeitsplätze im Land durch die Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft, die das Recycling von Waren nach ihrem Lebensende beinhaltet, entstehen werden.

„Die These, dass die Umweltagenda in Russland nicht populär ist, bezieht sie sich auf Fragen des Klimawandels, die im Zentrum des öffentlichen Diskurses in Europa und den USA stehen. Die wichtigsten Themen für Proteste in Russland sind Mülldeponien, Umweltunfälle und das Abholzen von Wäldern und Parks unter dem Deckmantel der Umweltverbesserung. Das zwingt unsere Bürger dazu, sich zusammenzuschließen und sogar die Risiken einzugehen, die jede Protestaktion mit sich bringt. Stadtökologie ist also ein super politisiertes Thema, das jeden interessiert. Umweltunfälle beunruhigen alle und werden zu Skandalen, wie zum Beispiel die von Norilsk Nickel verursachte Dieselkatastrophe bei Norilsk. Für die Schäden musste der Konzern enorme Strafen zahlen. Wenn es in Russland freie Wahlen gäbe, hätten Kandidaten, die das Fällen von Bäumen verbieten würden, sehr gute Chancen, bei den Kommunalwahlen zu gewinnen. Deshalb stimme ich nicht zu, dass unsere Bürger eine Art rückständiges ökologisches Bewusstsein haben – es ist nur so, dass es auf eine etwas andere Art und Weise eingesetzt wird“, sagt die Politikwissenschaftlerin Ekaterina Schulmann.

[hrsg/russland.NEWS]

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