Der Chef des Rostec-Konzerns Sergei Tschemesow rief dazu auf, das Image Russlands als „Zapfsäulenland” durch technologische Souveränität zu überwinden. In seiner Autorenkolumne für die russische Zeitung RBK schrieb er, die Zukunft liege in einer Wirtschaft mit hoher Wertschöpfung und nicht in Rohstoffexporten.
„Das weit verbreitete Klischee sollte durch eine starke, entwickelte Wirtschaft, die so unabhängig wie möglich von externen Akteuren ist, durchbrochen werden”, betonte der Industrielle und gab einen Zeithorizont von 15 Jahren vor.
Als Haupthindernis nannte Tschemesow die hohen Kreditkosten: Die durchschnittliche EBIT-Marge von Industrieunternehmen (4 Prozent) ist um ein Vielfaches niedriger als die Kreditzinsen. So lag der Kreditzins über einen Zeitraum von elf Jahren bei 10,6 Prozent pro Jahr, während die Rentabilität des verarbeitenden Gewerbes bei 6,3 Prozent lag. „Das Geld kostet die Industrie im Grunde mehr, als sie verdienen kann“, sagte er. Dies hat bereits zum Einfrieren von Projekten geführt, darunter drei von fünf geplanten „grünen” Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, die mit Abfällen betrieben werden.
Der Leiter von Rostec hält „disruptive Innovationen“ (KI, Quantentechnologien, Hightech-Branche) für vorrangig, bei denen Russland auf Augenhöhe mit dem Westen konkurriert. Für einen Durchbruch wird „langes” Geld benötigt. Tschemesow forderte eine Senkung des Leitzinses und wies darauf hin, dass staatliche Subventionen bisher das einzige angemessene Förderinstrument sind.
Russland habe nicht die Aufgabe, bereits bestehende technologische Richtungen „einzuholen und zu überholen“, für die westliche Länder Jahrzehnte und Billioneninvestitionen aufgewendet hätten, so Tschemesow.
Ein eigener Block ist den Humanressourcen gewidmet. „Ein Mann der Arbeit – Ingenieur, Konstrukteur, Arbeiter – sollte der Held des Tages werden”, so der Chef von Rostec. Dies erfordert eine Umstrukturierung des Bildungssystems, um den Anforderungen der Industrie gerecht zu werden. Rostec hat zwar festgestellt, dass das Interesse der Schüler an Mathematik, Physik und Informatik gestiegen ist, der Zustrom junger Menschen in die Industrie ist aber immer noch unzureichend.
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