„Schauen Sie nach Sibirien“: russischer Unternehmer über deutsch-russische WirtschaftsbeziehungenPhoto © Ljudmila Schdanowa

„Schauen Sie nach Sibirien“: russischer Unternehmer über deutsch-russische Wirtschaftsbeziehungen

Sergei Gebel ist Mitglied des Generalrats des Unternehmerverbandes Delowaja Rossija (Business Russia). russland.NEWS sprach mit ihm über die schwierige Lage der Unternehmen in Russland zu Zeiten des Coronavirus und über die Zusammenarbeit mit deutschen Unternehmen.

Delowaja Rossija ist einer der größten Unternehmerverbände Russlands. Wie stark ist ihre Stimme in der Kommunikation mit der Regierung und mit dem Gesetzgeber während der Pandemie?

Sergei Gebel: Wir vertreten große und mittlere Unternehmen im Nicht-Ressourcensektor.  Delowaja Rossija hat mehr als 5 000 Unternehmer und Firmen als Mitglieder. 300 unsere Mitglieder sind Abgeordnete von regionalen Parlamenten sowohl des Föderalen Parlaments. Außerdem sind unsere Mitglieder sind bei 270 Beratungs- und Expertenstrukturen auf föderaler und internationaler Ebene. Über 50 Vertreter von Delowaja Rossija sind Mitglieder der öffentlichen Räte in Föderalen Ministerien. Die Gesamtzahl der Beschäftigten in den Mitgliedsunternehmen unseres Verbandes beträgt über eine Million Personen, der Gesamtumsatz aller Unternehmen liegt bei drei Billionen Rubel. In jedem Subjekt der Russischen Föderation haben wir eigene Regionalbüros, die große Unternehmen in dieser Region zusammenbringen. Als Wirtschaftsverband haben wir unseren Mitgliedern sehr geholfen, weil wir eine Reihe von Initiativen entwickelt haben, um bestimmte Maßnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft zu ergreifen. Fast alle unsere Initiativen wurden von der Regierung berücksichtigt. Wir arbeiten mit allen Regierungsebenen zusammen, sowohl auf föderaler als auch auf regionaler Ebene, und tun für unsere Mitglieder alles Mögliche und sogar Unmögliche. In der ersten Pandemiewelle war Effizienz wichtig, jetzt versteht jeder, was ihn erwartet. Zu einem Lockdown wird es nicht kommen, was ich für richtig halte. Außerdem haben sich viele Unternehmen bereits an die Situation angepasst. Wer konnte, hatte sich Airbags zugelegt. Viele Firmen haben sich auf ein Online-Format umgestellt und Homeoffice eingeführt. Daher sind keine harten Maßnahmen mehr erforderlich.

Sie sind Wirtschaftsbotschafter Ihres Verbandes in Deutschland. Was bedeutet das genau?

Sergei Gebel: Das Instrument der Wirtschaftsbotschafter ist vor etwa fünf Jahren in unserem Verband gegründet worden und nimmt bereits eine führende Position auf der internationalen Agenda aller Wirtschaftsverbände ein. Wir haben 48 Wirtschaftsbotschafter, über 300 Geschäftsvereinbarungen unterzeichnet, Tausende Veranstaltungen durchgeführt und arbeiten mit 160 internationalen Wirtschaftsorganisationen zusammen.  Wir interagieren nicht nur mit Unternehmensvertretern, sondern auch mit Vertretern der Behörden der Länder, in denen wir die Interessen unserer Geschäftsleute schützen, was heute enorm wichtig ist. Die meisten Botschafter sind Menschen wie ich, die in dem Land Businesserfahrungen gemacht haben, für das sie zuständig sind. Gleichzeitig konzentrieren wir uns nicht nur auf den Export, sondern auch auf den Import. Das heißt, unsere Aufgabe sind wirtschaftliche Bindungen in beide Richtungen zu verbessern. Trotz der Sanktionen, der Wirtschaftskrise, der Pandemie arbeiten wir weiter und übrigens mit guten Ergebnissen. Jetzt sehen wir sogar die zunehmende Zusammenarbeit zwischen Russland und Deutschland. In meiner Tätigkeit als Wirtschaftsbotschafter konzentriere ich mich darauf, der deutschen Wirtschaft in Russland zu helfen. Unsere Anwaltskanzlei hilft den deutschen Firmen, Fehler auf dem russischen Markt zu vermeiden.

Was hat die Corona Pandemie in den deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen verändert?

Sergei Gebel: Meiner Meinung nach hat die regionale Agenda jetzt zugenommen. Die deutschen Investitionen in Russland blieben im ersten Quartal 2020 auf dem gleichen Niveau. Im zweiten Quartal sind sie natürlich gesunken und der Gesamtbetrag der Investitionen wird bis Ende des Jahres nicht steigen. Dennoch beginnen jetzt deutsche Geschäftsleute, nicht nur Moskau und St. Petersburg, sondern auch weitere Regionen in Betracht zu ziehen – das Krasnodarer Gebiet, den Ural, den Fernen Osten. Ich plädiere dafür, dass deutsche Inverstoren Sibirien mit seinem enormen Potenzial Aufmerksamkeit schenken. Wir für unseren Teil werden unser Bestes tun, um ihren Aufenthalt hier so attraktiv wie möglich zu gestalten und die Lokalisierung zu fördern. Und wir haben einem deutschen Investor oder Importeur etwas zu bieten, insbesondere im Bereich der Digitalisierung.

[Daria Boll-Palievskaya/russland.NEWS]

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