Nach Rubelabsturz könnte die russische Zentralbank den Leitzins auf 11,5 Prozent erhöhen

Nach Rubelabsturz könnte die russische Zentralbank den Leitzins auf 11,5 Prozent erhöhen

Der Vorstand der Bank von Russland wird heute, am 15. August, eine außerordentliche Sitzung zum Leitzins abhalten, teilte der Pressedienst der Aufsichtsbehörde getern mit. Die letzte Sitzung dieser Art fand am 21. Juli statt, die nächste war für den 15. September geplant.

Die Entscheidung wurde nach einem steilen Fall der russischen Währung getroffen – der Dollar überschritt am Montag die Marke von 100 Rubel, während der Euro auf 110 Rubel stieg. Derart hohe Werte wurden zuletzt im März 2022 erreicht. Mehrere Wirtschaftszeitungen berichten unter Berufung auf anonyme Quellen, dass die Zentralbank den Leitzins auf einen Schlag um drei Prozentpunkte auf 11,5 Prozent anheben könnte.

„Am Dienstag, den 15. August 2023, findet eine Sitzung des Direktoriums der Bank von Russland statt, um über die Höhe des Leitzinses zu beraten. Die Pressemitteilung über die Entscheidung des Direktoriums wird um 10.30 Uhr Moskauer Zeit veröffentlicht“, hieß es in einer Erklärung der Zentralbank.

Unmittelbar nach der offiziellen Erklärung der Bank von Russland verlor der MosBirch-Index mehr als 3 Prozent und fiel auf 3117,31 Punkte. Dabei hatte der Tag für den Index sehr optimistisch begonnen: Er stieg auf über 3.200 Punkte.

Am 21. Juli hatte die Zentralbank nach langer Pause den Leitzins von 7,5  auf 8,5 Prozent pro Jahr erhöht. Die Zentralbank begründete diesen Schritt mit steigenden Preisen und zunehmendem Inflationsdruck. Gleichzeitig deutete die Zentralbank wiederholt weitere Leitzinserhöhungen an.

Am 14. August erklärte Maxim Oreschkin, Wirtschaftsberater des Präsidenten, dass der Rubel zu schwach sei. In seiner Kolumne für die TASS machte er die Geldpolitik der Zentralbank dafür verantwortlich. Eine starke Landeswährung liege im Interesse der Wirtschaft, und die Zentralbank verfüge „über alle notwendigen Instrumente, um die Situation in naher Zukunft zu normalisieren“, schrieb Oreschkin.

Die russische Währung ist in diesem Sommer zu einer der drei schwächsten Währungen der Welt geworden. Seit Jahresbeginn ist der Dollar um 38 Prozent gestiegen, der Euro um 42 Prozent. Einer der Hauptfaktoren für die Schwäche des Rubels ist der Rückgang der russischen Exporte aufgrund der Sanktionen und der niedrigen Ölpreise, wodurch das Land weniger Devisen erhält. Die Exporteinnahmen der russischen Wirtschaft sinken auch wegen der Rabatte, die die Ölkonzerne auf ihre Barrel gewähren müssen, und wegen des Zusammenbruchs der Gaslieferungen in die Europäische Union. Die Importe hingegen erholen sich, da die Verbrauchernachfrage in Russland wieder steigt. Dies führt zu einem Ungleichgewicht zwischen Devisenangebot und -nachfrage.

Weitere negative Faktoren sind die hohen Haushaltsausgaben aufgrund des Krieges in der Ukraine, das Ende der Steuerperiode, und die Tatsache, dass die Nachfrage nach Dollar und Euro seitens der Privatpersonen stark gestiegen ist, während im Land deutlich weniger Devisen zur Verfügung stehen.

Analysten fügen hinzu, dass gleichzeitig vor dem Hintergrund der allgemeinen Unsicherheit der Kapitalabfluss aus dem Land weiter zunimmt. Im Laufe des vergangenen Jahres haben die Russen ihre Einlagen bei ausländischen Banken deutlich erhöht. Anfang Juni beliefen sie sich auf 5,9 Billionen Rubel gegenüber 3 Billionen Rubel Anfang April. Darüber hinaus sorgt die Urlaubssaison für eine zusätzliche Nachfrage nach ausländischen Währungen.

Jewgeni Kogan, Professor an der Higher School of Economics, erinnerte daran, dass der hohe Wechselkurs von Dollar und Euro zwar die Möglichkeit biete, einen erheblichen Teil des Haushaltsdefizits zu reduzieren, aber auch negative Folgen habe. „Ein billiger Rubel ist mit steigender Inflation, höheren Kosten für die Indexierung von Renten und Gehältern verbunden und kann auch Panik in der Bevölkerung auslösen: Es ist sehr teuer, ein solches Problem zu ‚behandeln‘ – der Leitkurs muss deutlich angehoben werden“, erklärt Kogan.

Zudem wirken sich der teure Dollar und Euro sowie die starken Schwankungen der lokalen Währung sehr negativ auf das Geschäft in Russland aus. Selbst wenn alles zu 100 Prozent aus einheimischen Rohstoffen hergestellt wird, steigen die Kosten für das Endprodukt und die Mitarbeiter können Lohnerhöhungen fordern. „Eine Preiserhöhung kann für viele Menschen tödlich sein. Die Waren werden dann einfach nicht mehr gekauft“, erklärte der Professor auf seinem Telegram-Kanal.

[hrsg/russland.NEWS]

Kommentare