Die Deutsch-Russische Auslandshandelskammer (AHK) fordert rund um die Russland-Besuche von FDP-Chef Christian Lindner und dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder einen intensiveren wirtschaftlichen und politischen Dialog auf Regierungsebene.
Nach FDP-Chef Christian Lindner reist der bayerische Ministerpräsident Markus Söder am Dienstagabend nach Moskau, um mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zusammenzutreffen. „Die Besuche deutscher Politiker sind für die deutschen Unternehmen ein ermutigendes Zeichen. Denn wir beobachten, dass ihnen aufgrund mangelnder Präsenz deutscher Regierungsvertreter in Russland Aufträge verloren gehen“, sagt der Vorstandsvorsitzende der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer (AHK), Matthias Schepp.
„Deutschland überlässt leider anderen in Russland zu sehr das wirtschaftliche Feld, nicht nur China, sondern auch anderen Sanktionsländern wie Frankreich, Italien und Japan. Das wirkt sich messbar auf die Auftragslage deutscher Unternehmen aus“, so Schepp. „Es wäre daher aus Sicht dieser Unternehmen ein wichtiges Signal, den politischen und wirtschaftlichen Dialog mit Russland auch auf Regierungsebene zu intensivieren. Für Bundesminister und die Bundeskanzlerin bieten sich dafür in diesem Jahr zahlreiche Gelegenheiten: Neben den großen Wirtschaftsforen wie im Juni in Sankt Petersburg steht auch die Feier des 75-jährigen Ende des Zweiten Weltkrieges an.“
Beim Internationalen Wirtschaftsforum in Sankt Petersburg waren in vergangenen Jahren die Staats- und Regierungschefs zahlreicher Sanktionsländer zusammen mit Wladimir Putin aufgetreten, 2018 der französische Präsident Emmanuel Macron und der japanische Ministerpräsident Shinzō Abe, davor der damalige österreichische Bundeskanzler Christian Kern (2017) und der damalige italienische Ministerpräsident Matteo Renzi (2016).
„Die Bundeskanzlerin sollte Flagge zeigen und auch einmal nach Sankt Petersburg kommen, um die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Russland in politisch schwierigen Zeiten als Brücke zwischen beiden Ländern zu erhalten und auszubauen“, erklärte der AHK-Präsident Rainer Seele. „Wir waren sehr froh, dass Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier im vergangenen Jahr einen Anfang gemacht hat und mit dem russischen Wirtschaftsminister ein Memorandum für eine Effizienzpartnerschaft unterschrieben hat.“ Es war das erste Abkommen dieser Art seit der Ukrainekrise und dem Beginn des Sanktionsregimes.
Laut einer Umfrage der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer (AHK) unter ihren 900 Mitgliedern sprechen sich 87 Prozent der Unternehmen für eine Beteiligung der Bundeskanzlerin bei russischen Wirtschaftsforen aus, 92 Prozent wünschen sich Deutschland als Partnerland von Russlands größter Industriemesse, der Innoprom in der Uralmetropole Jekaterinburg. „Italien ist in diesem Jahr Partnerland, Frankreich im kommenden Jahr“, erklärt AHK-Chef Matthias Schepp. „Deutschland taucht ab und läuft Gefahr, seine wirtschaftspolitische Führungsrolle aufzugeben, die es seit dem Erdgasröhrengeschäft in den Siebziger Jahren gegenüber Moskau innehatte.“
FDP-Chef Christian Lindner war Ende vergangener Woche mit einer Delegation von FDP-Bundestagsabgeordneten zu politischen Gesprächen in Moskau. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kommt zwar ohne Wirtschaftsdelegation nach Moskau, vertritt aber das Bundesland mit den meisten in Russland aktiven deutschen Unternehmen. „Rund jede vierte der mehr als 4000 in Russland registrierten deutschen Firmen kommt aus Bayern“, sagt Andreas Brunnbauer, Repräsentant des Freistaats Bayern in der Russischen Föderation. Das bilaterale Handelsvolumen zwischen Bayern und Russland betrug in den vergangenen beiden Jahren jeweils rund acht Milliarden Euro.
Die Deutsch-Russische Auslandshandelskammer ist die Vertretung deutscher Unternehmen in Russland und russischer Unternehmen in Deutschland. Mit rund 900 Mitgliedsunternehmen ist die AHK der größte ausländische Wirtschaftsverband in Russland. Derzeit sind im russischen Markt 4.461 Unternehmen mit deutscher Kapitalbeteiligung aktiv. Die deutschen Direktinvestitionen nach Russland betrugen 2018 rund 3,3 Milliarden Euro.
Kommentare