Kudrin: Korruption nimmt nicht ab

Kudrin: Korruption nimmt nicht ab

In Russland lässt die Korruption nicht nach, sagte der Chef des russischen Rechnungshofs, Alexei Kudrin. Ihm zufolge wird das Volumen der Korruption bereits in Billionen Rubel gemessen. „Ich lasse mich von allgemeinen Untersuchungen leiten. Sie zeigen, dass die Korruption bislang nicht abnimmt. Ich denke, dass dieser Schaden in Billionen Rubel gemessen werden kann“, sagte Kudrin in einem Interview.

Ihm zufolge kann die Rechnungskammer bei der Feststellung von finanziellen Unregelmäßigkeiten nur Materialien an Strafverfolgungsbehörden schicken, die aber selbst ermitteln müssen, ob diese Verstöße als Korruptionsverbrechen angesehen werden können. „Wir brauchen eine gewisse Autorität, um Methoden anzuwenden zu können, die Korruption beweisen oder widerlegen oder zumindest detailliertere Materialien für Strafverfolgungsbehörden erstellen. Wir entwickeln diese Methoden derzeit, wir haben Ideen.“

In diesem Interview beantwortete Alexei Kudrin auch die Frage, wie viele von der Rechnungskammer festgestellte finanzielle Unregelmäßigkeiten mit dem „Stehlen“ von Geldern aus dem Haushalt zusammenhängen. „Bei kriminellen Fällen erreicht die Summe 2 bis 3 Milliarden Rubel pro Jahr, normalerweise sogar weniger“, teilte er mit. Der Gesamtbetrag des gestohlenen Geldes für das Jahr belief sich auf mehr als 800 Milliarden Rubel.

Laut Kudrin steht ungefähr ein Drittel der Verstöße im Zusammenhang mit der Rechnungslegung, und ein weiteres Drittel sind Verstöße gegen die Vergabeverfahren, „die aber „nicht zu den Straftaten gehören“.

Insgesamt wurden im Jahr 2019 etwa 6.500 Strafsachen über 11.700 Korruptionsdelikte vor Gericht gebrachtBerichten des Untersuchungsausschusses Russlands (TFR) vom Dezember 2019 zufolge werden 752 Bedienstete des Innenministeriums wegen Korruptionsverbrechen angeklagt. Die Abteilung ist in der Anzahl von Strafverfahren unter anderen Strafverfolgungs- und Aufsichtsbehörden führend. Nach dem Innenministerium folgen Mitarbeiter vom Föderalen Gefängnisdienst (181), Föderalen Sicherheitsdienst (84), Katastrophenschutzministerium (51), Föderalen Zolldienst (34). 27 Mitarbeiter der TFR von der neun Vertreter der Staatsanwaltschaft und sechs Richter wegen Korruption angeklagt sind. Der veröffentlichte Bericht enthält keine Informationen zu Korruptionsvorwürfen von FSB-Beamten.

In den meisten Fällen handelt es sich um Bestechung, Betrug und Veruntreuung. Bei der Aufarbeitung strafrechtlicher Fälle von Korruption konnten Schäden von fast 2,5 Milliarden Rubel kompensiert werden, Immobilien und Eigentum im Gesamtwert von 12,9 Milliarden Rubel wurden beschlagnahmt. Kudrin betonte, dass Korruption die Anreize für die Wirtschaft verzerrt und zu Verlusten bei der Geschwindigkeit des Wirtschaftswachstums und damit auch beim Wachstum der Bevölkerungseinkommen, Investitionen usw. führt.

Der Rechnungschef versprach außerdem, ein neues System zur Identifizierung von Problemen im Finanzsektor einzuführen. „Neben der Suche und Analyse von Verstößen im Finanzbereich werden wir bis zum Sommer 2020 ein neues Modell für die Verwaltung der Rechnungskammer entwickeln“ und dabei „den Anteil der strategischen Prüfung erhöhen“. Ein neuer Maßstab, ein spezieller Key Performance Indicator (KPI), soll ermöglichen, die „Situation in Russland durch die Lösung systemischer Probleme schnell zu beeinflussen“, so Kudrin.

Fast zeitgleich wandte sich Präsident Putin an Kudrin. Er möge doch die Kontrolle über die Nationalen Projekte übernehmen. Putin hoffe, dass die Rechnungskammer auch die „Umsetzung nationaler Projekte überwacht“. In diesem Bereich gebe es häufig Streitigkeiten mit der Regierung und Experten. Die Kontrolle der an nationalen Projekten beteiligten Partner sei „ein absolut natürlicher Prozess, ohne den es unmöglich ist, die notwendigen Lösungen zu suchen und zu finden.“

Kudrin hat weitere Pläne. Er will die Corporate Governance in staatlichen Unternehmen bewerten. Neben den Mammutbehörden Rosatom, Rosavtodor und Russische Eisenbahnen will Kudrin auch Staatsunternehmen wie Rostec, Gazprom und Rosneftegaz auf ihre Effizienz testen. „Dies gehört zu unseren Richtlinien – Staatsunternehmen effizienter für unsere moderne Wirtschaft machen“, so Kudrin zu seinem Präsidenten.

Bei dem Treffen gestern kamen die Zwischenergebnisse von acht nationalen Projekten in den Bereichen Ökologie, Straßen- und Infrastrukturbau, Kultur, Wissenschaft, Bildung, Arbeitsproduktivität und Entwicklung kleiner Unternehmen auf den Tisch. Dabei kündigte der liberale und oft querdenkerische Kudrin ein bemerkenswertes Paket von neuen Aufgaben für den Rechnungshof an.

[hrsg/russland.NEWS]

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