Klassische Musik und Nouvelle Cuisine – wie Russland dem Coronavirus online trotzt

Die Zeit des Coronavirus ist eine Herausforderung für die gesamte Menschheit. Wie in den meisten Ländern hat Russland ein strenges Regime der Selbstisolierung eingeführt. Was kann man also in den eigenen vier Wänden tun? Und sind die Möglichkeiten des globalen Netzes wirklich so unbegrenzt? Es scheint so. Denn wenn man nur einen kleinen Teil der Angebote des russischen Internet (Runet) nutzen möchte, wird der Tag sehr schnell vergehen. Oder besser gesagt, die Zeit wird dafür nicht ausreichen.

Man kann in den Tag beispielsweise mit Sport starten. Die meisten russischen Fitnessclubs bieten kostenlose Online-Kurse an. Schließlich ist das Regime der Selbstisolation kein Grund, sich weniger zu bewegen. Der Kursplan bei der Kette World Class Fitness wird jeden Tag aktualisiert und auf Instagram (@worldclassclubs) oder bei YouTube ausgestrahlt. Die Kette bietet auch das Programm #Fitness Against Virus.

Nun, jetzt können wir unseren Gehirnen Nahrung geben. Russlands größte Suchmaschine und Internetgigant Yandex hat das Flow-Projekt ins Leben gerufen, bei dem man kostenlos Englisch lernen kann (https://flow.yandex.ru/). Yandex hat einen vollwertigen Simulator der Sprachumgebung geschaffen und bietet darüber hinaus Konversationspraxis mit muttersprachlichen Trainern. Telefonate mit Muttersprachlern dauern 15 Minuten und sind sogar noch einige Stunden vor dem Unterricht buchbar.

Und jetzt ist es an der Zeit, sich mit Gourmet-Essen zu verwöhnen. Letzte Woche eröffnete das Restaurant White Rabbit das erste Online-Restaurant in Russland. Das Prinzip des virtuellen Etablissements ist einfach. Man bestellt zu einer bestimmten Uhrzeit ein Set beim Sternekoch Wladimir Muchin zu sich nach Hause und verabredet sich zum Abendessen mit Freunden oder Gästen, die man noch nicht kennt. Wladimir Muchin überträgt das Abendessen live, beschreibt detailliert die Gerichte und spricht mit den Gästen. Bevor es los geht, braucht man nur noch das gelieferte Essen im Ofen zu erhitzen, das Gericht gemeinsam mit dem Koch nach seinem Plan zu servieren und die Gläser mit Wein zu füllen. Und dann beginnt Chef’s Table mit Kommunikation, Austausch von Eindrücken, Emotionen und Bekanntschaften – nur im virtuellen Modus. Ein Fünf-Gänge-Set namens Immunität kostet pro Person 10.000 Rubel (etwa 115 Euro) und besteht aus Produkten für die Stärkung der Immunität, wie zum Beispiel Krabben mit Ingwer oder Tintenfisch mit Kartoffeln und Kurkuma. Zum Set gehören auch Brot aus dem Ofen oder Thymian-Tee und zypriotischer Honig sowie ein ausführlicher Bericht von Chefkoch Wladimir Muchin über gesunde Ernährung.

Nach einem solchen Abendessen können Sie zu einem Konzert mit klassischer Musik gehen. Seit dem 20. März überträgt die Moskauer Philharmonie Live-Konzerte ohne Publikum aus dem Tschaikowsky-Konzertsaal. In einer Zeit, in der die gewohnte Lebensweise zusammenbricht, kann klassische Musik heilenden Seelenfrieden bringen, heißt es in der Beschreibung des Projekts. Denis Matsujew, der weltberühmte Pianist, eröffnete die Home Season. Sein Programm umfasste Tschaikowskys Zyklus Die Jahreszeiten und Jazz-Improvisationen.  Auf seiner Facebook-Seite schrieb der renommierte Musiker: „Klassische Musik wird es immer geben. Und wie ich Ihnen immer wieder sage, ist es die beste Therapie gegen alle Krankheiten, Widrigkeiten und Viren“.

Sie stehen eher auf Rock als auf Klassik? Auch kein Problem. Die Website fontanka.ru hat auf wohltätiger Basis einen Online-Musik-Marathon Minus Virus zur Unterstützung von Ärzten organisiert, die die Epidemie bekämpfen. Ziel des Marathons ist es, Ärzte in St. Petersburg und Russland zu unterstützen. Berühmte russische Musiker aus der höchsten Liga widmeten ihre Lieder dem medizinischen Personal.

Nun, wie es sich nach einem guten Konzert gehört, können Sie sich ein Glas Wein oder einen Cocktail in einer netten Bar genehmigen. Gehen Sie dazu einfach auf die Online-Bar Stay the Fuck Home Bar, die die St. Petersburger Agentur shishki.collective ins Leben gerufen hat. Die Stay the Fuck Home Bar besteht aus mehreren „Zimmern“ für 12 Personen. Die Website wurde auf Englisch gestartet und läuft auf der Plattform Whereby. Der Kreativdirektor der Agentur Michail Schischkin erklärte: „Alles ist einfach: Man gießt ein Glas Bier ein, geht online, da sitzen ein paar Leute – jemand aus Los Angeles, jemand aus Tallinn, jemand aus Charkow oder aus Moskau. Ein Typ aus Spanien zeigt zum Beispiel, dass beim ihm wunderbares, sonniges Wetter ist, aber es ist niemand auf den Straßen. Es ist also eine Live-Kommunikation, jeder lernt den anderen kennen“.

[Daria Boll-Palievskaya/russland.NEWS]

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