De-Dollarisierung: Russland erzielt erste Fortschritte

De-Dollarisierung: Russland erzielt erste Fortschritte

Russlands Versuche, die Abhängigkeit vom Dollar zu reduzieren, zeigen erste Ergebnisse, berichtet das Wall Street Journal in einem Artikel von Georgi Kantchev. Die russische Zentralbank stockte in diesem Jahr ihre Goldreserven kräftig auf und verkaufte zunehmend US-Schatzanleihen. Mit China und anderen BRICS-Ländern verhandelt Russland die Verwendung der Landeswährungen bei Handelsgeschäften und Exporteuren, die den Dollar meiden, werden steuerliche Anreize angeboten.

Die sogenannte De-Dollarisierung, ursprünglich vom Vorstandsvorsitzenden der russischen VTB-Bank Andrei Kostin konzipiert, wird von Präsident Wladimir Putin und der Zentralbank unterstützt. Sie soll dazu beitragen, den Abschwung abzumildern, falls die neuen US-Sanktionen das russische Finanzsystem betreffen. Experten zufolge weist Russland „die Hegemonie der amerikanischen Währung erfolgreich zurück“, auch wenn die Wirtschaft unter den Sanktionen der USA nachgibt.

Dennoch, die Rolle des Dollars in der russischen Wirtschaft befindet sich auf Schrumpfkurs. Der Anteil der Fremdwährungseinlagen, die von Privatpersonen und Firmen in russischen Banken gehalten werden, ist im September auf 26 Prozent gefallen – nach einem Höchststand von 37 Prozent im Jahr 2016, wie WSJ nach Daten der Zentralbank errechnete. Auch der Anteil der Exporterlöse in US-Dollar fiel im zweiten Quartal dieses Jahres auf 68 Prozent – von einst 80 Prozent im Jahr 2013.

Zusätzlich wächst der Handel zwischen Russland mit China rasant. Der in Rubel und Yuan festgelegte Handelsanteil hat sich in vier Jahren auf rund 19 Prozent des bilateralen Handels nahezu vervierfacht und wird weiterwachsen, so Dmitri Dolgin von der Moskauer ING Bank. China hat im März einen auf Yuan basierten Öl-Futures-Kontrakt aufgelegt, der unter den Ölhändlern rasch an Popularität gewonnen hat. Die Europäische Union bemüht sich, die Rolle des Euro zu stärken. In Brüssel wird offen darüber diskutiert, ein neues Zahlungssystem einzurichten, das unabhängig von den USA ist. Länder wie Iran, Venezuela und Pakistan versuchen sowieso die Rolle des Dollars einzuschränken.

Russische Behörden verhandeln auch mit dem Iran und der Türkei, nationale Währungen für den Ölhandel zu verwenden. Alrosa, weltweit größter Diamantproduzent, arbeitet an Rubel-Deals mit indischen und chinesischen Kunden, und erwägt, dieses „Pilotprojekt auf andere Länder oder Währungen auszudehnen“, so deren Sprecherin Evgenija Kozenko.
Langsam, aber in kleinen Schritten bilden sich Allianzen gegen den Dollar. Bis Ende des Jahres will der Kreml seinen De-Dollarisierungs-Plan veröffentlichen.

Putin nannte die US-Sanktionspolitik letzten Monat einen „kolossalen strategischen Fehler“, der das Vertrauen in den Dollar als Universalwährung untergräbt, wie Tass berichtete. „Sie sägen den Ast ab, auf dem sie sitzen.“ Der russische Finanzminister Anton Siluanow hatte bereits im August gemutmaßt, „diese Sanktionen werden bei den Amerikanern nach hinten losgehen.“

„Es ist nicht klar, wie viel von diesen Plänen [der De-Dollarisierung] Pokerspiele sind, aber die Unberechenbarkeit der derzeitigen US-Außenpolitik bedeutet, dass mehr Länder Dinge in Frage stellen müssen, die noch nie in Frage gestellt wurden“, mahnt Thomas Flury, bei der UBS für Global Wealth Management zuständig. Auch andere Analysten vermuten, dass der öffentlich zur Schau gestellte Drang zur De-Dollarisierung Teil einer politischen Rhetorik sei, die darauf abziele, auf die sich abzeichnende Kälte in den Beziehungen zum Westen zu reagieren.

Doch, dass wissen im Kreml die meisten, ist es einfacher gesagt als getan, den Dollar von der Bühne zu vertreiben. Der Dollar ist an neun von zehn Transaktionen des täglichen Devisenmarktes von 5 Billionen US-Dollar beteiligt, und der Großteil der weltweiten Schulden wird in US-Dollar verrechnet. Die Struktur der russischen Wirtschaft, deren Öl- und Gasverkäufe im Dollarpreis etwa 40 Prozent der Haushaltseinnahmen ausmachen, wird all diese Initiativen relativieren. Und viele russische Unternehmen verursachen nur ungern höhere Kosten als die Konkurrenten, die den Dollar verwenden, so Jason Bush, leitender Analyst bei Eurasia.

Noch ist der Dollar das Maß aller Dinge. Nach den großen Schwankungen des Rubels in den letzten Jahren ist das Vertrauen in die an sich stabile, aber im globalen Vergleich schwache, Währung untergraben. Es wird zu einer Entkopplung kommen, die Abhängigkeit der russischen Wirtschaft vom Dollar wird abnehmen. In welchem Tempo das stattfinden wird, ist offen. Dass es dabei nicht zu heiß her geht, wird die Aufgabe der Zentralbanken sein. Denn „die De-Dollarisierung ist ein heißes Thema“, wie die WSJ analysiert.

[hub/russland.NEWS]

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