Biontech und Moderna bald auf dem russischen Markt? Ein Jurist klärt aufIlya Lokhanin

Biontech und Moderna bald auf dem russischen Markt? Ein Jurist klärt auf

Eine Reihe Hersteller von Impfstoffen gegen das Coronavirus sind an der Lieferung ihrer Produkte nach Russland interessiert. Doch dabei müssen sie eine Reihe von rechtlichen Risiken und Einschränkungen berücksichtigen.

Russland hat den ersten Impfstoff gegen COVID-19 Sputnik V entwickelt. Jedoch die russischen Produktionskapazitäten sind derzeit für die Befriedigung der internen Nachfrage nach dem Medikament nicht ausreichend. In diesem Zusammenhang prüfen einige interntaionalen Hersteller die Möglichkeit der Lieferung ihrer Impfstoffe auf den russischen Markt.  Dafür müssen sie sich in der geltenden russischen Gesetzgebung im Bereich des Verkehrs von Medikamenten auskennen und potentielle Risiken einschätzen.

Vor allem müssen die Impfstoffe staatlich registriert sein. Der russische Föderale Aufsichtsdienst im Bereich Gesundheitswesen hat insbesondere auf das Verbot auf Verwendung von nicht registrierten Impfstoffe gegen COVID-19 in Russland hingewiesen, als die Moskauer Filiale der israelischen Hadassah-Klinik ihr Vorhaben geäußert hatte, das Pfizer-Medikament zu erwerben.

Russische Regierung hat zur staatlichen Registrierung der Medikamente gegen die Coronavirus-Infektion im April 2020 ein vereinfachtes Verfahren eingeführt. Im Dokument ist die Möglichkeit der Registrierung der neuen Impfstoffe gegen COVID-19 ohne Absolvierung aller Stadien der klinischen Erprobungen vorgesehen. Dafür muss der Hersteller ein durch den Erlass festgestelltes Paket von Dokumenten beim russischen Gesundheitsministerium einreichen, das das Medikament innerhalb von zwanzig Arbeitstagen registriert, falls alle vorgeschriebenen Anforderungen durch den Antragsteller erfüllt sind. Zum erwähnten Paket gehören unter anderem der Antrag auf beschleunigte Registrierung der Medikamente, Lizenzen des Herstellers zur Herstellung der Medikamente, Dokumente, die die Wirkstärke des Impfstoffs bestätigen (Berichte über Durchführung der klinischen Erprobungen usw.), der Entwurf der Anweisungen zur Anwendung des Medikaments usw. Die Dokumente sind in elektronischer Form einzureichen und mit der elektronischen Unterschrift zu unterzeichnen.

Das Gesundheitsministerium prüft, ob sämtliche Dokumente vorliegen, und beauftragt die Expertise des Impfstoffs, wozu der Hersteller die Proben des Medikaments bei einer bestimmten Expertenbehörde einreichen muss. Die Dokumente werden auch an den Ethikrat beim Gesundheitsministerium gesendet, der aus medizinischen, wissenschaftlichen und Ausbildungsorganisationen usw. besteht. Dann bewertet das Ministerium die Gutachten der Expertenbehörde und des Rates und fasst einen Beschluss über die Registrierung des Medikaments bzw. über die Verweigerung der Registrierung.

Falls der Antragsteller alle im Erlass vorgesehenen Bedingungen erfüllt hat, erstellt das Ministerium die Registrierungsurkunde für den Impfstoff, die bis zum 1. Januar 2022 gültig sein wird, und trägt die Angaben über das Medikament ins staatliche Medikamentenregister ein. Falls der Antragsteller irgendeine der Anforderungen nicht erfüllt hat, sendet das Gesundheitsministerium ihm eine Benachrichtigung über die Verweigerung der Registrierung des Medikaments. Die Grundlagen der Verweigerung können sein: Nichtvorlage der erforderlichen Dokumente durch den Antragsteller, Nichtübereinstimmung des angegebenen Medikaments mit den durch den Erlass vorgesehenen Bedingungen und Zielen (das heißt, dass das Medikament nicht auf die Bekämpfung der Infektion ausgerichtet ist usw.) oder Gutachten von Experten/Ethikrat über die unmögliche staatliche Registrierung des Medikaments.

Formell ist durch den Erlass eine beschleunigte Registrierung der Impfstoffe in Russland vorgesehen, die in anderen Staaten (im Dokument sind darunter EU-Mitgliedstaaten, USA, Kanada und sonstige Länder aufgeführt) registriert wurden, deren Liste durch das Gesundheitsministerium zu bestätigen ist. Die Registrierung von solchen Medikamenten erfolgt innerhalb von fünf Arbeitstagen ab dem Eingang des Dokumentenpakets beim Ministerium und ohne Durchführung des Gutachtens. Jedoch ist eine solche Liste noch nicht bestätigt, und dementsprechend wird diese Vorschrift derzeit nicht angewendet.

Die Einfuhr der Impfstoffe nach Russland, ist durch das Föderale Gesetz Nr. 61-FZ „Über den Verkehr von Arzneimitteln“ vom 12. April 2010 und den Erlass Nr. 771 der Regierung vom 29. September 2010 geregelt. Gemäß diesen Dokumenten ist es für die Einfuhr der Arzneimittel nach Russland erforderlich, eine Genehmigung des Gesundheitsministeriums zu erhalten. Unter anderem ist es erforderlich, einen entsprechenden Antrag mit elektronischer Kopie, Begründung der Anzahl der eingeführten Arzneimittel, Qualitätszertifikat der eingeführten Arzneimittel usw. beim Gesundheitsministerium vorzulegen. Die aufgeführte Genehmigung ist im Folgenden neben dem Herstellerzertifikat des Arzneimittels und den Zolldokumenten (Zollerklärung, Lieferschein usw.) bei den Zollbehörden vorzulegen.

Allerdings werden die Fragen nach den Lieferungen der Medikamente in andere Staaten, ungeachtet des geregelten Verfahrens der Registrierung der ausländischen Impfstoffe in Russland, derzeit vor allem durch internationale Abkommen geregelt. Insbesondere hat Pfizer erklärt, dass es unmöglich ist, den Impfstoff russischen Privatpersonen außerhalb der Rahmenbedingungen der internationalen Abkommen zur Verfügung zu stellen, die vor einigen Monaten abgeschlossen wurden. Dabei sind die Chancen, dass die ausländischen Impfstoffe auf dem russischen Markt gelangen, recht hoch: Am 14. Januar 2021 hat die Leiterin des russischen Föderalen Aufsichtsdienstes im Bereich Gesundheitswesen auf die mögliche Zulassung von solchen Medikamenten in Russland hingewiesen, falls diese gemäß dem festgestellten Verfahren staatlich registriert werden.

Ilya Lokhanin, Rödl & Partner

Kommentare