Warum chinesische Autos billiger sind als russische

Warum chinesische Autos billiger sind als russische

„Ich würde in dieser Situation überhaupt nicht über Dumping sprechen“, widerspricht der russische Autoexperte Igor Morscharetto dem Chef von Lada-Hersteller AwtoWAS, Maxim Sokolow. Der hatte, wir berichteten, vorgestern erklärt, dass das Dumping seitens chinesischer Automobilhersteller in diesem Jahr „alle denkbaren Grenzen überschritten“ habe. 

Im russischen Wirtschaftsmagazin Experte sagte Morscharetto, die Sache sei die, dass ein in China hergestelltes und nach Russland importiertes Auto heute etwa das Dreifache kostet: 

„Die russische und die chinesische Automobilindustrie arbeiten unter unterschiedlichen Bedingungen. Das liegt jedoch nicht daran, dass die chinesische Regierung ihre Automobilindustrie angeblich mit aller Kraft unterstützt, während die russische dies nicht tut. Die Situation ist komplexer. 

Die chinesische Automobilindustrie ist aufgrund mehrerer Faktoren gegenüber allen anderen – der russischen, amerikanischen und europäischen – weltweit im Vorteil. 

Erstens ist da die Massenproduktion. Wenn ein Modell in einer Auflage von einer Million Stück und ein anderes in einer Auflage von 10.000 Stück produziert wird, fallen die Herstellungskosten unterschiedlich hoch aus. 

Zweitens sind Kredite erschwinglich: In China liegt der Zinssatz bei 3 bis 4 Prozent, was sehr günstige Konditionen sind.

Drittens befindet sich dort praktisch die gesamte weltweite Komponentenbasis, die in riesigen Mengen produziert wird und buchstäblich „zur Hand“ ist. Dies ermöglicht es, Modelle schnell zu ändern und Produktreihen zu aktualisieren. 

Natürlich unterstützt die chinesische Regierung ihre Automobilindustrie, der Fokus der Förderung liegt jedoch auf dem Sektor für Elektroautos und Hybride. Für wissenschaftliche Entwicklungen und Forschung und Entwicklung werden erhebliche Mittel bereitgestellt. 

In diesem Sinne können die Preise tatsächlich niedriger gehalten werden als in jedem anderen Land der Welt. Genau aus diesem Grund sind Europa und Amerika derzeit wegen des Zustroms billiger chinesischer Autos in Alarmbereitschaft und führen Zölle ein. 

Unsere Regierung unterstützt ebenfalls die Automobilindustrie, aber bei uns sieht die Situation hinsichtlich der Stückzahlen anders aus. Wenn ein Modell wie der Granta in Massenproduktion hergestellt wird, ist alles mehr oder weniger in Ordnung. Bei kleinen Stückzahlen steigt der Preis jedoch stark an. Dabei verfügen wir nicht über eine eigene, gut entwickelte Komponentenbasis, sodass wir gezwungen sind, Bauteile im Ausland zu kaufen. 

Um gegen das sogenannte Dumping vorzugehen, führt der Staat verschiedene Abgaben ein. Das Ergebnis ist, dass ein Auto, das in China etwa eine Million Rubel kostet, in Russland etwa drei Millionen Rubel kostet. 

Allein die Mindestentsorgungsgebühr für das gängigste Auto mit einem Motor von 1 bis 2 Litern beträgt heute etwa 700.000 Rubel (derzeit 7.400 Euro). Bei einem Motor mit mehr als 160 PS verdoppelt sich der Betrag. Für Elektroautos und Hybride ist die Gebühr sogar noch höher. Und das ist nur die Entsorgungsgebühr, die nicht direkt mit der Verwertung zusammenhängt. 

Hinzu kommen Zölle, Mehrwertsteuer – die ab dem neuen Jahr steigen wird –, Verbrauchsteuern und Logistikkosten. Im Endeffekt kostet ein Auto, das in China eine Million Rubel (10.600 Euro) kostet, hier mindestens drei Millionen (31.800 Euro). Daher ist fraglich, von welchem Dumping man sprechen kann. 

Der Markt ist aufgrund von Preissteigerungen im Jahr 2025 bereits um etwa 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr geschrumpft. Seit Jahresbeginn sind die Preise für Autos um etwa 10 Prozent gestiegen. Der Durchschnittspreis für einen Neuwagen auf dem russischen Markt liegt heute bei etwa 3,4 Millionen Rubel (36.000 Euro) 

 Zusätzliche Steuern könnten den Preis auf bis zu 4 Millionen Rubel (42.400 Euro) treiben. Das würde jedoch nur zu einem Einbruch des Marktes und einem weiteren Preisanstieg führen. 

Was Lada betrifft, so hat das Unternehmen heute seinen eigenen Markt und seine eigene Kundschaft. Es ist der einzige Hersteller, der Fahrzeuge im Preisbereich von 1 Million Rubel anbietet, darunter die Modelle Granta, Niva Legend und Niva Travel. Im Segment von 1 bis 2 Millionen Rubel hat Lada kaum Konkurrenten. 

Die Probleme beginnen jedoch, wenn man versucht, in eine höhere Preisklasse vorzudringen. Ein Beispiel hierfür ist das Modell Aura, das etwa 2,5 Millionen Rubel (26.500 Euro) kostet. Es verkauft sich zwar, aber deutlich schlechter als erwartet, da es in dieser Preisklasse bereits eine große Auswahl an chinesischen Modellen gibt. 

Bei einem Preis von bis zu 1,5 Millionen Rubel (15.900 Euro) gibt es kaum Auswahl – da gibt es praktisch nur Lada. Ab einem Preis von etwa 2,5 Millionen Rubel wird der Wettbewerb jedoch hart. Der Aura ist für seine Aufgaben kein schlechtes Auto, aufgrund seiner Eigenschaften ist er jedoch hauptsächlich auf Taxis und staatliche Strukturen ausgerichtet. 

AwtoWAS rechnet damit, im Jahr 2026 mindestens 400.000 Fahrzeuge zu produzieren. Bei Zweischichtarbeit ermöglichen die Kapazitäten der Werke in Togliatti und Ischewsk die Produktion von 600.000 bis 650.000 Fahrzeugen pro Jahr.“ 

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