Am 29. Oktober unterzeichneten Moldawien und Gazprom einen Fünfjahresvertrag über Gaslieferungen. Zu den Konditionen wurde nichts mitgeteilt, aber aus einem Posting des moldauischen Vizeregierungschefs Andrei Spinu geht hervor, dass das Land im November 450 US-Dollar pro 1.000 Kubikmeter Gas bezahlen wird.
Gemäß den Vertragsbedingungen wird der Gaspreis im Vergleich zum alten Abkommen doppelt so hoch sein. Im Oktober musste Moldawien Gas zum Marktpreis von etwa 790 Dollar pro 1.000 Kubikmeter kaufen. Der neue Preis von 450 Dollar liegt um etwa 30 Prozent unter der Forderung von Gazprom im Rahmen des kurzfristigen Liefervertrags. Ein Festpreis wurde nicht vereinbart, in Abhängigkeit von der weltweiten Preisbewegung werden die Preise schwanken. Die von Gazprom an die Republik Moldau gelieferte Gasmenge wird etwa 3 Milliarden Kubikmeter pro Jahr betragen. http://www.russland.news/moldawien-und-gazprom-unterzeichnen-fuenfjahresvertrag-ueber-gaslieferungen/
Laut Spinu planen die Regierungen Moldawiens und Russlands, bis Ende 2022 ein Abkommen über die Zusammenarbeit im Energiesektor zu unterzeichnen. „Ein Teil der Vereinbarungen wird darin bestehen, den Status von MoldovaGaz als Aktiengesellschaft zu erhalten, um eine Umstrukturierung des Unternehmens zu verhindern“, sagte er.
Die Parteien einigten sich auch darauf, die Altschulden der Republik Moldau, die von Gazprom auf 709 Millionen Dollar geschätzt wurden, zu prüfen und anschließend wahrscheinlich umzustrukturieren. Die Frage der Gasschulden Transnistriens sei bei den Gesprächen in St. Petersburg nicht erörtert worden.
Vor der moderaten Einigung mit Zugeständnissen von Gazprom waren die Verhandlungen wegen weit auseinanderliegenden Preisvorstellungen beider Seiten nicht vorankommen. Moldau bezog von 2007 bis zum 30. September dieses Jahres Gas zum Preis von rund 150 Dollar je 1000 Kubikmeter. Gazprom ging mit einem vielfach höheren Preis von 790 Dollar in die Verhandlungen, wohingegen Moldau auf 200 bis 300 Dollar je 1000 Kubikmeter Gas hoffte. In der vergangenen Woche rief die moldauische Regierung den Energienotstand aus, da Gazprom seine Gasliefermenge nach Moldau in den vergangenen Wochen deutlich gedrosselt hatte.
Die Gaskrise sei ein „Erpressungsmanöver“ des Kremls, urteilte die Westpresse. Nun sind es 450 Dollar geworden. Gazprom verzichtete auf 340 Dollar, Moldau muss 200 Dollar mehr als die erhofften durchschnittlich 250 je 1000 Kubikmeter. Putin lässt also kein ganzes Land erfrieren, wie die Deutsche Welle befürchtete.
Warum Gazprom den aktuellen Preis des Gas- Spotmarktes, also das Drei- bis Vierfache, und die Tilgung von den über 700 Millionen Dollar mutmaßlicher Altschulden verlangte, kann nicht nur ausschließlich an Fragen der Wirtschaftlichkeit liegen, wie es beim russischen Konzern heißt. Auch der Kreml bestreitet, dass der aktuelle Gasstreit irgendeinen politischen Hintergrund habe.
Seit Dezember vergangenen Jahres amtiert die proeuropäische Staatspräsidentin Maia Sandu. Sie hat Moskau in den vergangenen Monaten mehrfach eine Lösung des Transnistrien-Konfliktes gefordert. Stets bekundete Maia Sandu die Solidarität ihres Landes mit Georgien, das ebenfalls seit Jahrzehnten von einem eingefrorenen Konflikt betroffen ist, auch mit der Ukraine, die die Halbinsel Krim 2014 an Russland verlor. Dass die neue moldauische Regierung im August an der Krim-Plattform teilgenommen hatte, auf der 15 europäische Staats- und Regierungschefs die Annexion der Krim durch Russland verurteilten und die Rückgabe an die Ukraine verlangten, hat die Gaspreise mit in die Höhe schießen lassen.
In der letzten Woche soll Walentina Matwijenko, die Vorsitzende des russischen Föderationsrates und nominell damit die Nummer drei im Staat Russland, getobt haben: Die „groben antirussischen Ausfälligkeiten“ der moldauischen Präsidentin würden sich unweigerlich auf die bilateralen Beziehungen auswirken, so Matwijenko.
Vorgeschoben scheint auch die Schuldenfrage. Der nominelle Schuldner – der moldauische Gasmonopolist MoldovaGaz – gehört mehrheitlich Gazprom selbst. Wie viele Schulden das Tochter- beim Mutterunternehmen wirklich hat, ist unklar. Die intransparenten Verschachtelungen des russisch-moldauischen Gashandels sind Gegenstand zahlloser Ungereimtheiten und Korruptionsvorwürfe. So etwa bezahlt Transnistrien seit jeher nicht für russisches Gas. Deshalb haben sich Schätzungen zufolge rund acht Milliarden Dollar transnistrische Schulden an Gazprom aufgehäuft.
Paradoxerweise sorgen diese Verschachtelungen dafür, dass Russland den Gashahn für die Moldau wohl nie völlig zudrehen wird, womit Gazprom-Sprecher Sergei Kuprijanow gedroht hatte, wenn das bereits gelieferte Volumen nicht „innerhalb kürzester Zeit“ bezahlt werde. In diesem Fall würden nämlich nicht nur russische Unternehmen in Transnistrien leiden, sondern auch die prorussische Stimmung in dem Separatisten-Gebiet könnte kippen. Russisches Gas fließt nämlich mehrheitlich in das separatistische Transnistrien. Unter anderem produziert dort das in russischem Besitz befindliche Gaskraftwerk MoldGres Strom. Damit wird wiederum die gesamte Republik Moldau versorgt.
Dass die Frage der moldauischen Altschulden separat geregelt wird, kann man als weiteres Zugeständnis der russischen Seite bezeichnen. Das Problem der ausstehenden Gasaltschulden Transnistriens soll aus der russisch-moldauischen Verhandlungsmasse ausgegliedert werden. Diese Altschulden werden auf ein Vielfaches der Schulden Moldaus geschätzt: Zahlen bis zu 7,5 Milliarden Dollar stehen im Raum.
Angesichts der gesamten Konstellation mehren sich in der Moldau nun die Stimmen, die eine radikale Loslösung von der russischen Energieabhängigkeit fordern. Doch günstige Preise von unter 150 Dollar je 1000 Kubikmeter, wie sie zum Beispiel Belarus unter Machthaber Lukaschenko ausgehandelt hat, werden Moldau nicht mehr winken.
[hrsg/russland.NEWS]
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