Die Chefin der russischen Zentralbank, Elwira Nabiullina, ist der Meinung, dass die russische Wirtschaft weit von einer Rezession entfernt ist. Steigende Arbeitslosigkeit und sinkende Löhne seien laut ihr Anzeichen dafür, dass es in die richtige Richtung geht. Die Wirtschaft entwickelt sich gemäß dem Szenario eines kontrollierten Ausstiegs aus der Überhitzung der Nachfrage.
„Ich würde dringend dazu aufrufen, solche Aussagen verantwortungsbewusst zu betrachten. Denn in einer Rezession sind zwei Dinge unvermeidlich: Die Arbeitslosigkeit steigt stark an und die Reallöhne sinken. Beides ist bei uns derzeit nicht annähernd der Fall“, sagte Nabiullina bei einer Sitzung der Staatsduma. In Russland sei im Gegenteil eine niedrige Arbeitslosenquote zu beobachten, die zu einem Personalmangel führe.
Im September forderte Frau Nabiullina dazu auf, eine Rezession nicht mit einer „Konjunkturabschwächung” zu verwechseln. Ihrer Meinung nach liegt eine technische Rezession vor, wenn die Wirtschaft zwei Quartale in Folge schrumpft. Dies ist in Russland jedoch nicht der Fall. Auch der russische Präsident Wladimir Putin erklärte, der stabile Arbeitsmarkt spreche gegen eine Rezession.
Die Bank von Russland verfolgt eine Geld- und Kreditpolitik, um unter anderem eine Wiederholung der Situation der 90er Jahre zu verhindern, als die Bevölkerung „die Situation mit der Hyperinflation in vollem Umfang zu spüren bekommen hat“. Die Menschen müssen sicher sein können, dass ihre Ersparnisse nicht an Wert verlieren. „Andernfalls haben die Menschen keinen Anreiz zum Sparen, und als völlig verständliche Folge davon haben die Banken keine Grundlage für die Kreditvergabe an die Wirtschaft“, so die ZB-Präsidentin.
Ihrer Meinung nach steht die Inflation ganz oben auf der Liste der Probleme, die die Bürger Russlands am meisten beschäftigen, vor allem diejenigen mit geringem Einkommen. „Für Menschen, die keine Einkünfte aus Ersparnissen haben, ist es von grundlegender Bedeutung, dass die Preise in den Geschäften nicht steigen. Nicht umsonst wird die Inflation weltweit als Steuer für die Armen bezeichnet“, erklärte Nabiullina. Die Russen, die die hohe Inflation als ungerechte Steuer sehen, „haben völlig Recht“.
Sie zeigte sich auch zuversichtlich, dass die Regierung den Anstieg der Benzinpreise eindämmen kann, ohne dass dies zu einer Beschleunigung der Inflation führt. Der Zyklus der Senkung des Leitzinses werde das gesamte Jahr 2026 dauern. Die Gefahr einer vorzeitigen Lockerung der Politik der Zentralbank besteht darin, dass „die Nachfrage wieder ansteigen wird, bevor die Produktionskapazitäten sie einholen können, und der Zinssatz dann wieder angehoben werden muss”.
Die Auswirkungen der Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 22 Prozent bewertet Nabiullina positiv: „Die Erhöhung der Mehrwertsteuer wird mittelfristig zu einem besseren Haushaltsausgleich führen. Ohne diese Erhöhung der Steuern und der Mehrwertsteuer wäre der Inflationsdruck auf den Haushalt größer gewesen. Unter sonst gleichen Umständen hätte dies indirekt dazu geführt, dass wir in Zukunft höhere Zinssätze beibehalten müssten – nicht nur für einen kurzen Zeitraum, sondern auch in Zukunft.“
Am 24. September hatte das russische Finanzministerium vorgeschlagen, die Mehrwertsteuer ab dem 1. Januar 2026 um zwei Prozentpunkte von derzeit 20 Prozent auf 22 Prozent anzuheben und den ermäßigten Satz von 10 Prozent für sozial wichtige Güter beizubehalten.
Auf ihrer Sitzung am 24. Oktober senkte die Zentralbank den Leitzins um 0,5 Prozentpunkte auf 16,5 Prozent pro Jahr. Die Regulierungsbehörde prognostiziert, dass die Inflation im Jahr 2027 den Zielwert von 4 Prozenterreichen wird.
Elwira Nabiullina – Fakten über eine der einflussreichsten Frauen der Welt:
▪️ Geboren am 29. Oktober 1963 in Ufa, Abschuss mit Auszeichnung an der Wirtschaftsfakultät der Moskauer Staatlichen Universität.
▪️ Erste Frau an der Spitze einer Zentralbank nicht nur in der Geschichte Russlands, sondern auch unter den G8-Staaten. Seit 2013 in ihrer derzeitigen Position.
▪️ Im September 2015 wurde sie vom Magazin Euromoney zur besten Chefin unter den Zentralbankchefs der Welt gekürt.
▪️ Im Jahr 2025 nahm der Bloomberg-Kolumnist Mark Champion Elvira Nabiullina erneut in die Liste der besten Zentralbanker der Welt auf.
▪️ Sie ist bekannt für ihre Sammlung von Broschen, die zu ihrer Zeit eine Art „Signalsprache“ ihrer Geldpolitik waren.
▪️ Seit vielen Jahren in Folge wird sie von Forbes und Global Finance als eine der einflussreichsten Frauen der Welt gelistet.
▪️ Sie schöpft Kraft aus klassischer Musik, Oper, Wandern und Schwimmen. Sie hört Werke von Bach und Schostakowitsch und spielt Klavier.
▪️ In einem Interview mit dem Musiker, Komponisten, Schauspieler und Sänger Sergej Schnurow erzählte sie, dass sie zu Neujahr Olivier-Salat und Heringssalat bevorzugt.
▪️ Sie heiratete noch während ihres Studiums und hat einen Sohn namens Wassili.

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